Personalentwicklung 45plus Wie HR erfahrene Führungskräfte fit für die Arbeitswelt von morgen hält

Der Arbeitsalltag wandelt sich in allen Branchen rasant. Gerade Führungskräfte sind gefragt, diese Transformation zu begleiten und voranzutreiben. Jedoch verlieren Führungskräfte ab 45 häufig ihren Schwung und ziehen sich in ihre Komfortzone zurück. Georg C. Scheiber, Partner und Experte für Personalveränderungen bei von Rundstedt, verrät, wie HR-Verantwortliche Führungskräfte ab 45 Jahren gezielt unterstützen können, um sie mental und inhaltlich fit für die Arbeitswelt von morgen zu halten.

HR sollte sich die kontinuierliche fachliche und persönliche Weiterentwicklung von Führungskräften 45plus stärker auf die Fahne schreiben (Bild:picture alliance / Zoonar | Robert Kneschke)

Krisen, Digitalisierung oder Globalisierung – Unternehmen befinden sich heute in einer kontinuierlichen Transformation. Die tiefgreifenden Entwicklungen machen oft auch Personalanpassungen erforderlich. Insbesondere Führungskräfte ab Mitte 45 geraten dann häufig unter Druck.

Die Erfahrung in der Outplacement-Beratung zeigt, dass die Karrierekurve von Führungskräften bis Anfang oder Mitte 40 meist erfolgreich verläuft, dann jedoch stagniert.

Mitarbeitende richten sich in diesem Alter häufig in einer Komfortzone ein, in der sie möglichst bis zum Eintritt in den Ruhestand verweilen wollen. Sobald Anpassungen im Unternehmen anstehen – sei es aufgrund eines neuen Vorgesetzten oder einer Restrukturierung – fällt es schwer, diese Komfortzone zu verlassen und die Veränderung zu meistern. Mangelnde Leistungs- und Veränderungsfähigkeit kann bei Personalanpassungen stark ins Gewicht fallen.

HR in der Rolle als Motivator

Trennungen von Führungskräften sind sowohl für das Unternehmen als auch für die betroffenen Mitarbeitenden belastend und häufig mit hohen Abfindungssummen verbunden.  Es ist daher eine wichtige Aufgabe für HR-Verantwortliche, zumindest den vermeidbaren Teil der Trennungsfälle zu reduzieren. Sie sind gefordert, eine neue Rolle als Motivator einzunehmen und auch erfahrene Führungskräfte davon zu überzeugen, sich nach Erreichen einer Wunschposition nicht in die Komfortzone zurückzuziehen. Stattdessen sollten sie kontinuierlich an ihrer Weiterentwicklung arbeiten – auch wenn spätestens ab Anfang 50 keine großen Karrieresprünge erfolgen werden.

Planung der beruflichen Entwicklung

Schon bevor eine Veränderung im Unternehmen ansteht, sollten Unternehmen ihre Führungskräfte zur kontinuierlichen persönlichen und beruflichen Weiterbildung motivieren. Ein sogenanntes „Growth Mindset“ sollte Teil der Unternehmenskultur sein: Insbesondere Führungskräfte sollten über die intrinsische Motivation verfügen, sich stetig weiterzuentwickeln. Dabei sollten Weiter- und Fortbildungsmaßnahmen so gewählt werden, dass diese sich nicht nur an der derzeitigen Position, sondern auch am zukünftigen internen und externen Arbeitsmarkt ausrichten.

Kultur der lernenden Arbeit

Noch immer verlassen sich viele Beschäftigte in Deutschland stark auf formalisierte und staatlich regulierte Bildungswege. Hier ist es wiederum die Aufgabe von HR, auch Führungskräfte ab Mitte 40 von den Vorteilen einer eigenverantwortlichen und selbstgesteuerten Weiterbildung zu überzeugen. Um für die Anforderungen der zukünftigen Arbeitswelt gerüstet zu sein, erfordert es Anstrengungen von beiden Seiten.

Eine Kultur der lernenden Arbeit braucht die richtigen Rahmenbedingungen, zum Beispiel Lernräume im betrieblichen Alltag, die eine individuelle Weiterbildung ermöglichen.

Gleichzeitig müssen Beschäftigte Eigeninitiative ergreifen und Engagement zeigen. Denn mangelnde Weiterbildungsbereitschaft führt dazu, dass Führungskräfte mittel- und langfristig nicht mehr über die notwendigen Qualifikationen verfügen, um ihre tragende Rolle im Unternehmen zu erfüllen.

Aneignung eines neuen Führungsverständnisses

Berufliche Weiterentwicklung als Führungskraft bedeutet auch Abschiednehmen von der eigenen Prägung, insbesondere von erlernten, traditionellen Führungsstilen. Führungskräfte ab Mitte 40 gehören der Generation X an. Sie sind häufig mit Führungsstilen sozialisiert worden, die heute ein ernstes personalwirtschaftliches Problem darstellen. Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt erfordern jedoch ein Umdenken und das Erlernen neuer Leadership-Methoden.

Vor allem jüngere Teammitglieder der Generation Y und Generation Z haben heute völlig neue Erwartungen an ihre Vorgesetzten. Führungskräfte müssen diesen Bedürfnissen und Erwartungen Rechnung tragen, denn das Binden und Motivieren von jüngeren Leistungs- und Potentialträgern gehört zu den Kernaufgaben von Führungskräften.

Gleichzeitig verändert sich auch die Organisationskultur in vielen Unternehmen. Führungskräfte werden ihre Rolle daher zukünftig an eine agile Arbeits- und Denkweise anpassen müssen.

Auswirkungen neuer Technologien auf die Führungsaufgabe

Nicht nur die Bedürfnisse neuer Generationen und moderne Unternehmenskulturen stellen neue Anforderungen an Führungskräfte, auch fortschrittliche Technologien prägen die Art und Weise, wie Manager heute ihre Führungsaufgabe wahrnehmen müssen. Spätestens seit der Veröffentlichung von ChatGPT im November 2022 ist deutlich geworden, wie sehr die Künstliche Intelligenz die Arbeitswelt der nahen Zukunft prägen wird. Zudem zeichnet sich ab, dass die Vernetzung der KI mit Technologie wie Robotik oder Natural Language Processing (NLP) zur Transformation von Jobprofilen und der ganzen Arbeitswelt führen wird.

Zwar ist das Interesse vieler Beschäftigten groß, mit dieser neuen Technologie zu experimentieren, eine Weiterbildungswelle zeichnet sich in den meisten Unternehmen jedoch noch nicht ab.

Dabei sollten gerade Führungskräfte die Wirkungsmacht der Digitalisierung 2.0 nicht unterschätzen und ein tieferes Verständnis beispielsweise für Maschinelles Lernen oder Data Science entwickeln. Zudem bieten diese Technologie neue Möglichkeiten für die Leadership-Rolle, die auch erfahrene Führungskräfte von Grund auf erlernen müssen.

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Fazit

Aufgrund der dynamischen Transformationen der heutigen Arbeitswelt sind eine kontinuierliche Veränderungs- und Lernbereitschaft unverzichtbar. Selbst erfahrene Führungskräfte können sich heute nicht mehr auf ihrer errungenen Position ausruhen. HR und Managementebene müssen daher an einem Strang ziehen, um für die mittel- und langfristigen Veränderungen gerüstet zu sein. Während Führungskräfte ihre Weiterentwicklung eigenverantwortlich planen und umsetzen müssen, ist es die Aufgabe von HR, für Veränderungen zu sensibilisieren und die notwendigen Rahmenbedingungen für stetiges Lernen zu schaffen.

 

Über die Person

Georg C. Scheiber, seit 2016 bei von Rundstedt, ist Partner und als Managing Consultant für die Standorte Nürnberg (Region Franken, Oberpfalz) und Berlin (Region Berlin / Brandenburg, Sachsen) verantwortlich. Mit seinem Team begleitet und berät er Betriebsräte und Unternehmen bei strategischen Fragestellungen im Bereich Personalumbau und Personalabbau sowie zum Thema Trennungsmanagement. Sein Ziel ist es dabei immer, den Prozess – mit Fokus auf die von Veränderung betroffenen Mitarbeitenden –... mehr

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