Personalthema (Ausgabe 17/23) Wie digitale Transformation gelingen kann – Best Practice am Beispiel der Gemeinde Wadgassen

Die digitale Transformation ist ein Thema, das viele Unternehmen beschäftigt. Wie gelingt sie erfolgreich und was sind typische Stolpersteine? Das zeigt das Best Practice Beispiel der Gemeinde Wadgassen, die seit 2019 an ihrer Version einer smarten Verwaltung arbeitet.

digitale Transformation (Bild: picture alliance / Zoonar | Aleksandr Khakimullin)

(Bild: picture alliance / Zoonar | Aleksandr Khakimullin)

Ausgangssituation

Öffentliche Verwaltungen gelten oft als eingestaubt, langsam und träge.

Die Begriffe „smart“, „bürgerfreundlich“ oder „agil“ sind gefühlt Lichtjahre weg von deutschen Behörden. Doch die Gemeinde Wadgassen und vor allem der Bürgermeister, Sebastian Greiber, wollte das ändern und so wurde seine Vision der smarten Verwaltung geboren.

Unter dem Namen „Smartgassen“ wird seit 2019 eine zukunftsorientierte Ausrichtung der Verwaltung vorangetrieben und entsprechend dazu ein groß angelegter Veränderungsprozess angestoßen. Dieser soll aktuelle Strukturen und Prozesse vereinfachen und effizienter gestalten, die Digitalisierung in den Arbeitsabläufen fest integrieren und eine agile Arbeitsatmosphäre schaffen. Wichtig war dabei von Anfang an, dass die Digitalisierung zwar eine entscheidende Schlüsselrolle spielt, jedoch auch nicht-technische Aspekte wie Kommunikationsstandards, Verhaltensregeln oder Selbstverantwortung im Wandel mit inbegriffen sein sollen.

Was haben wir konkret gemacht?

In einem interaktiven Kick-Off-Workshop mit ca. 50 Teilnehmenden aus allen Hierarchieebenen und Bereichen bzw. Gesellschaften wurde der Startschuss für das Thema gemeinsam gesetzt. Ziel war es, gemeinsame Definitionen zu finden und Ideen zu sammeln, was das Thema Digitalisierung für die Gemeinde Wadgassen bedeutet und wie es praxisnah und mit intensiver Beteiligung von Mitarbeitenden sowie Bürgerinnen und Bürgern erfolgen kann. Aus den Ergebnissen des Workshops wurden alle Themen gesichtet, priorisiert und in ein Projekt „Den Wandel gestalten“ umgewandelt. Die Beteiligten des gesamten Prozesses wurden festgelegt, ebenso wie die genaue Rolle, die Kommunikationsrhythmen.

SMARTIES – Change-Botschafter in jedem Amt

Um eine größtmögliche Beteiligung sicherzustellen hat jedes Amt/jede Gesellschaft ein bis zwei Personen benannt, die in einem regelmäßigen MS-Teams-Termin als „Botschafter“ die Veränderungen von und zu den Ämtern/Gesellschaften transportierten. Die Amtsleitenden und Geschäftsführenden haben so in einem ersten Schritt die Weichen für ein erstes agiles Arbeiten gestellt. Die Benannten haben sich gemeinsam für den griffigen Namen SMARTIES entschieden.

Smartgassen

Leitbild-Workshops

Neben den Smarties, die als Change-Agents für ihr Amt/ Bereich agiert haben, wurde eine weitere Einbindung aller Mitarbeitenden vereinbart, und zwar mit Leitbild-Workshops. Ziel war es, dass alle Mitarbeitenden aller Ämter und Gesellschaften, vom Amtsleiter bis zur Bauhof-Mitarbeiterin, an der Entwicklung eines gemeinsamen Leitbilds mitarbeiten und dieses gestalten sollen. Jedes Amt/jeder Bereich kam zu einem eineinhalb bis zweistündigen Workshop zusammen, in dem folgende Fragen bearbeitet wurden :

  • Was ist das Besondere an Ihrem Amt/Ihrer Abteilung?
  • Was können wir in unserem Amt/unserem Bereich verbessern/ändern/weglassen?
  • Wie können wir die Bürgerinnen und Bürger noch mehr unterstützen/beraten/begleiten?

Einführung, Schulung MS Teams und zwar als Online-Plattform, aber auch als Kollaborations-, Kommunikations- und Prozesstool

Parallel zu diesen Veranstaltungen wurden im Bereich Digitalisierung weitere Verbesserungen zu den Themen Nutzung MS Teams umgesetzt. Aus den Ergebnissen der Smarties-Treffen sind die weitere Nutzung von MS Teams als Intranetplattform, Datenplattform und Aufgabenplaner festgelegt worden sowie die entsprechenden Regeln definiert und zusammen im Lenkungskreis verabschiedet worden. Weitere begleitende Kommunikationsmaßnahmen sind im Projektteam besprochen und vereinbart worden. So gab es regelmäßige Newsletter für alle Mitarbeitenden. Das Ziel war nur eine Online-Version auf MS-Teams. In einer ersten Übergangszeit, bis alle auch den Newsletter online einsehen konnten, sind auch analoge Versionen gedruckt und verteilt worden – keiner sollte verloren gehen!

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Worüber wir gestolpert sind?

Im gesamten Prozess waren die typischen Phasen der Change-Kurve zu erkennen. Sowohl im Projektteam, im Lenkungskreis als auch bei den Smarties waren alle Phasen von Schock über Tal der Tränen bis zu euphorischer Umsetzung dabei. Hier gilt es jetzt weiter konsequent die Zielsetzung zu beschreiben und immer wieder den Nutzen und die positiven Zwischenergebnisse aufzuzeigen.

Menschen müssen den Mehrwert für sich persönlich erkennen und dann lernen, dass der „neue“ Weg eventuell sogar der bessere Weg ist.

Es ist erfolgsentscheidend, dies immer wieder herauszuarbeiten und zu kommunizieren. Kleine Erfolge feiern; Quertreiber konsequent ermahnen und bestmöglich integrieren.

Was hat das Projekt bis jetzt gebracht?

Die bisher umgesetzten Maßnahmen haben den Mitarbeitenden, aber auch den Bürgern an unterschiedlichen Punkten entscheidende Vorteile eingebracht. So kann die Gemeinde Wadgassen jedem angemeldeten Kind einen Betreuungsplatz anbieten, da durch eine Datenplattform frühzeitig ein Anstieg in den Geburten festgestellt wurde und dann mit einem agilen Team in kurzer Zeit ein KITA-Neubau realisiert wurde. Als dann der Krieg in der Ukraine begann und ein hohes Aufkommen an geflüchteten Menschen bevorstand, konnte innerhalb weniger Tage eine gemeindeeigene Halle zu einer provisorischen Notunterkunft eingerichtet, eine digitale Lösung zur Abfrage von Wohnungsangeboten und pragmatische Lösungen für Lagerhallen zur Sammlung von Spendenartikeln der Bürgerinnen und Bürger gefunden werden.

Daneben wurde das mobile Arbeiten, welches zu Beginn der Corona-Pandemie eingeführt wurde, sowie weitere Aspekte von „New Work“ beibehalten und sind für unsere Mitarbeitenden mittlerweile eine Selbstverständlichkeit. Gerade in Zeiten, in denen Arbeitgeber zur „Vor-Corona-Zeit“ mit üblicher Präsenz im Büro zurückkehren und mobiles Arbeiten als notwendiges Übel empfunden haben, hat dies auch die Attraktivität der Gemeinde Wadgassen als moderner Arbeitgeber gesteigert.

 

Über die Personen

Barbara Ditzler ist Inhaberin, Beraterin, Trainerin und Coach bei PASSION4HR.

Sebastian Greiber ist Bürgermeister der Gemeinde Wadgassen und Vorsitzender des Aufsichtsrat bei eGo-Saar. War sein Büro 2014 am ersten Arbeitstag als Bürgermeister noch ohne Computer, strebt die Gemeinde Wadgassen heute nach dem Titel 'Die digitalste Kommune im Saarland': Aus Wadgassen wird Smartgassen.

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