Bericht von der Workforce-Transformation-Konferenz in Essen Wie bekommt man seine Mannschaft in die Zukunft transformiert?
Die Keynote zum Beginn der Konferenz bestritt Geschäftsführerin Sophia von Rundstedt. Sie stellte die Ergebnisse einer Studie vor, bei der sowohl 124 Manager aus Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitenden, als auch HR-Verantwortliche, Arbeitsrechtsexperten und Unternehmensberater zur Rolle des Personals in Unternehmen und der Zukunftsfähigkeit von Mitarbeitenden befragt wurden.
Das Phänomen der gleichzeitigen Unter- und Überdeckung im Personal
Fast jeder der Interviewten – 97 Prozent - konnte von Personalengpässen im eigenen Haus berichten, wobei durch die Transformationsprozesse, in denen sich viele Unternehmen aktuell befinden, das Phänomen einer gleichzeitigen Über- und Unterdeckung beim Personal gehäuft erlebt wird. Lang gediente Mitarbeitende passten nicht mehr zu neuen Geschäftsmodellen, sei es in Bezug auf die benötigte Qualifikation oder das Veränderungs-Mindset.
Wir haben als Volkswirtschaft die Aufgabe, Menschen mit Ende 50, die ja eigentlich fast noch zehn Jahre arbeiten könnten, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie sich in der Zeit vor dem Renteneintritt noch sinnvoll ins Arbeitsleben einbringen können. Dafür gibt es keine Blaupause, da muss man mit jedem Einzelnen individuell sprechen. Oft fühlt sich ein frühzeitiger Übergang in den Ruhestand nur kurzfristig gut an. Viele fallen in ein Loch und möchten eigentlich noch was machen.
Auf der anderen Seite werden aber für neue Geschäftsmodelle Mitarbeitende mit anderen Qualifikationen benötigt. Gerade die Motivation und die Bereitschaft zur Veränderung fehle häufig, so von Rundstedt. Hier seien ganzheitliche Konzepte zur Kommunikation und Mobilisierung gefragt.
Wir sollten ehrlich darüber sprechen, welche Veränderungen bevorstehen und den Konflikt nicht scheuen. Es ist vielleicht auch ein Zeichen unserer Zeit, dass man in bestimmte Konflikte auf der Sachebene gar nicht mehr richtig reingeht, weil man sich sonst leicht angreifbar macht.
Von Rundstedt sprach in ihrer Rede auch über die „Magie des Konflikts“, die sich entfalten kann, wenn man frühzeitig und ehrlich miteinander diskutiert, und nicht aus Angst vor einem internen oder externen Shitstorm über notwendige Veränderungen schweigt:
Beim Ziel, dem Erhalt des Wirtschaftsstandorts, um für Wohlstand zu sorgen, sollten alle Parteien an einem Strang ziehen. Da gibt es auf Arbeitnehmerseite, sei es beim Betriebsrat oder bei Gewerkschaften, oft noch veraltete Vorstellungen. Je früher man sich an einen Tisch setzt, je transparenter die Kommunikation ist und je eher man an gemeinsamen Lösungen arbeitet, desto besser gelingt das.
Klare Worte in der Tacheles-Runde
Im Anschluss an die Keynote wurde im wahrsten Sinne des Wortes „Tacheles“ gesprochen. Unter der Moderation von Christian Summa, Geschäftsführer & Partner bei von Rundstedt, wurde auf dem Podium über das Thema „Geschäftsführer und HR-Entscheider – Klassisches Tandem oder kreatives Spannungsfeld zum Nutzen von Unternehmen und Beschäftigten?“ diskutiert.
Die große Schwierigkeit in Transformationsprozessen sei, so Jörg Waniek, CHRO und Arbeitsdirektor beim zweitgrößten deutschen Energiekonzern, der LEAG, dass man einerseits aus dem alten Geschäftsmodell aussteigen müsse und parallel dazu das neue Geschäft aufgebaut werden muss. In dieser Situation sei es herausfordernd, Perspektiven für die Mitarbeitenden aufzuzeigen, wenn vielleicht noch gar nicht klar sei, wo das Geschäft eigentlich hin will. Wichtig sei an dieser Stelle ist ehrliche Kommunikation. Man müsse Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit als Arbeitgeber ausstrahlen, so Waniek.
Betriebsräte einfach, mittlere Führungsebene schwierig
In diese Kerbe schlug auch Dr. Burkard Göpfert, Fachanwalt für Arbeitsrecht, und stellte die Frage in den Raum, wie überhaupt Diskurs zwischen Management und Belegschaft stattfinden könne, wenn man nicht ehrlich miteinander umgehen würde. Relativ einfach sei die Kommunikation in Transformationsprozessen aus seiner Erfahrung mit Betriebsräten, die verstanden hätten, um was es geht.
Am schwierigsten sei es mit der mittleren Führungsebene, die einerseits selbst um ihren Job fürchten würden, aber anderseits ihre Mitarbeitenden mit auf den Weg nehmen müssen. Gerade in dieser Situation würden viele Führungskräfte dazu neigen, sehr vorsichtig zu agieren und vor allem Fehler zu vermeiden. Das würde aber das Vorwärtskommen im Prozess erschweren. Viele Manager hätten durch den massiven Einsatz von Beratern auch verlernt, selbstständig zu denken.
„Man will nicht verändert werden“
Wenn das Ziel noch nicht klar ist, müsse zumindest der Prozess sehr klar sein, so Regina Kares, Strategic HR Business Partner bei Mercedes-Benz Mobility & VAN. Ansonsten sei es schwierig, Menschen für Veränderung zu gewinnen. „Man will nicht verändert werden“. Sie beklagte, dass häufig lange diskutiert werden würde, anstatt einfach mal etwas auszuprobieren. Man solle Ideen zulassen und Bewegung reinbringen.
Die Verzahnung von Geschäftsstrategie und HR-Strategie könne grundsätzlich helfen, so Waniek. Man könne man das Geschäftsmodell auch von der Personalplanung abhängig machen.
Die Veränderungen durch KI
Ingo Hatzmann, Partner & Prinzipal bei EY Corporate Solutions, sprach über die Herausforderungen im Bereich Professional Services. Aufgrund der Entwicklungen im Bereich KI wisse man schon heute, dass man von vier Personen, die man neu einstellt, wahrscheinlich in 2-3 Jahren schon zwei davon nicht mehr gebraucht würden. Der Kostendruck sei enorm hoch. So hätte EY 25 Prozent im Back-Office und der Infrastruktur abgebaut.
In Bezug auf den Einsatz von KI berichtete Dr. Göpfert von einem kürzlichen Indien-Aufenthalt. Was ihm dort besonders aufgefallen sei, ist der Fokus auf die Verringerung der Transaktionskosten. Vorrangig sei die Frage, wie Prozesse durch den Einsatz von KI beschleunigt werden könnten. Das unterstrich auch Waniek von der LEAG: Wenn ein Prozess zukünftig verändert werden soll, dann käme KI zum Einsatz.
Im Anschluss an die Diskussionsrunde und das Mittagessen gab es geführte Rundgänge durch das Areal der Zeche, bevor es mit einer Zukunftswerkstatt im Plenum weiterging. Da mit der Veranstaltung gleichzeitig das 40jährige Jubiläum des Unternehmens von Rundstedt gefeiert wurde, gab es einen prickelnden Abschluss.
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