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Susanne Nickel „Sie wollen nicht, sie können nicht – oder wir lassen sie nicht?“

Digital, flexibel, anspruchsvoll – so erleben viele Personalverantwortliche die neue Generation von Berufseinsteigenden. Doch zugleich zeigt sich immer öfter: Viele junge Talente sind fragiler, weniger konfliktfähig und schnell überfordert. Die Frage lautet längst nicht mehr: Was fehlt ihnen? Sondern: Was müssen wir als Unternehmen ändern?

Es geht nicht darum, junge Menschen zu „reparieren“. Sondern darum, Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen sie ihre Stärken entfalten können, meint HR-Expertin Susanne Nickel (Bild: susannenickel.com).

Die Herausforderung für HR und Führungskräfte hat weniger mit den „Soft Skills“ der Generation Z zu tun – sondern mit einem Kulturwandel, der quer durch Unternehmen geht. Viele HR-Profis erleben täglich: Die klassische Formel „klare Ansagen, hohe Eigenverantwortung und etwas Druck“ funktioniert immer seltener. Stattdessen stoßen sie auf Unsicherheit, Anspruchsdenken und oft auch psychische Belastungen. Doch sind die jungen Leute wirklich „nicht mehr belastbar“ – oder haben sich schlicht die Spielregeln geändert?

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Zwischen Helikoptererziehung und Dauerkrise

Die heutige Berufseinsteiger-Generation wurde von übervorsichtigen Eltern, durchgetakteten Schulsystemen und permanenten Krisen geprägt. Klimawandel, Pandemie, Kriege, Inflation – viele junge Menschen kennen kaum stabile Zeiten. Die Folge: Sie suchen Sicherheit – manchmal mehr, als Unternehmen geben können – und meiden Konflikte, wenn sie diese nicht vorher erlernt haben.

Gleichzeitig bringen sie enorme Potenziale mit: Sie denken vernetzt, sind technologisch sattelfest, wertorientiert – und suchen echten Sinn im Beruf. Doch diese Stärken entfalten sich nur dort, wo sie sich verstanden fühlen.

Was bedeutet das für HR?

1. Führung wird zur Beziehungsaufgabe

Führen heißt heute mehr als Anweisungen geben. Junge Mitarbeitende erwarten Orientierung, Feedback, Wertschätzung – aber ohne Bevormundung. Wer nur über Hierarchie führt, wird scheitern. Es braucht Dialog, Fingerspitzengefühl und Klarheit zugleich.

2. Strukturen müssen Halt und Flexibilität bieten

Flexibilität ist für viele junge Menschen selbstverständlich – aber sie ersetzt keine Orientierung. Unternehmen müssen transparent kommunizieren, klare Spielregeln aufstellen und gleichzeitig individuelle Entwicklung ermöglichen.

3. Mentale Gesundheit ist kein Nice-to-have mehr

Psychische Belastungen sind Realität. Wer nur auf „Resilienztrainings“ setzt, springt zu kurz. Viel wichtiger ist eine Arbeitskultur, die Druck reduziert, echte Pausen ermöglicht und ein Klima schafft, in dem auch Schwächen thematisiert werden dürfen.

4. Feedback muss neu gedacht werden

Oft fordern junge Mitarbeitende mehr Feedback, als Führungskräfte gewohnt sind – sind aber gleichzeitig schnell verletzt. Die Lösung: Feedback als Entwicklungshilfe, nicht als Bewertung verstehen und professionell vermitteln.

HR als Kulturgestalter – nicht nur Prozessverwalter

Die gute Nachricht: Es geht nicht darum, junge Menschen zu „reparieren“. Sondern darum, Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen sie ihre Stärken entfalten können. Dazu gehören neue Führungsansätze, mehr psychologisches Know-how – und der Mut, alte Selbstverständlichkeiten in Frage zu stellen.

Wer jetzt nur von einem „vorübergehenden Generationenthema“ spricht, irrt. Die Dynamik ist strukturell – und Unternehmen, die den Wandel gestalten, sichern sich nicht nur Talente, sondern auch Zukunftsfähigkeit.

 

Über die Person

Susanne Nickel ist Expertin für Arbeit und Wandel, innovative Führung und Generationen Management. Ihren Erfahrungsschatz sammelte sie in ihrer langjährigen Tätigkeit als Managerin und Beraterin sowohl in nationalen als auch internationalen Unternehmen und Konzernen - zuletzt als Bereichsleitung Management Development bei Kienbaum und als Head of HR bei der Haufe Akademie im Consulting. Sie ist Rechtsanwältin, Wirtschaftsmediatorin und Management-Beraterin. Susanne Nickel wird von ihren Kunden... mehr

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