Für eine gesunde Arbeitswelt – Kolumne von Dr. Anke Müller-Peters Nun sag, wie hast du‘s mit der Impfung?
Nach einem ungewöhnlich langen und warmen Sommer kündigt sich nun doch der Herbst an, und mit ihm kommt die Saison der Atemwegserkrankungen. Das Robert-Koch-Institut (RKI) rechnet mit einem Anstieg der Covid-19-, Grippe- und RSV-Infektionen. Zur Erinnerung: In der letzten Erkältungs-Saison hatte das Respiratorische Synzytial-Virus insbesondere als gefährliche Krankheit für kleine Kinder für Schlagzeilen gesorgt.
Wir alle haben in den vergangenen Jahren gelernt, mit unseren Viren allein zu bleiben und sie nicht hinaus in die Welt zu unseren Mitmenschen zu schleppen. Die Isolationspflicht weicht einer Isolationsvernunft. In allen Branchen, in denen Homeoffice eine Option ist, ist die „Isolationsvernunft“ leicht mit den betrieblichen Erfordernissen zu vereinbaren. Ich schreibe diesen Text übrigens vom heimischen Schreibtisch, denn seit gestern kratzt es im Hals. Wie wir als Gesellschaft für Menschen, die im Gesundheitswesen oder in der Produktion oder als Lehrer und Lehrerinnen arbeiten, im kommenden Herbst sinnvolle Regeln finden, bleibt abzuwarten…
Nun aber zum eigentlichen Thema dieses Beitrags: Wie halten wir es mit den Impfungen im kommenden Herbst?
Gute Gründe für Grippe-Schutzimpfungen in Betrieben
Viele Unternehmen bieten ihren Beschäftigten jedes Jahr eine Grippeimpfung an. Dafür gibt es gute Gründe:
- Gute Arbeitgeber kümmern sich im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht um die Gesundheit ihrer Beschäftigten.
- Das Team wird vor schweren Erkrankungen geschützt und Krankheitstage werden reduziert.
- Menschen in Hausarztpraxen warten zu lassen, nur um eine Grippeimpfung zu bekommen, ist ineffizient – das dauert schnell einen halben Tag und führt zu unnötigen Fehlzeiten.
- Bei vielen Menschen ist die Frage der Impfung keine Frage der Bereitschaft, sondern der Verfügbarkeit. D. h. bei einem betrieblichen Impfangebot lassen sich Menschen impfen, die dies sonst zu umständlich finden oder einfach vergessen.
Erwartungen an die Grippesaison 2023/2024
Die oben genannten Gründe gelten in jedem Jahr. Politiker und Medizinerinnen äußern die Sorge vor einer Überlastung des Gesundheitssystems. Eine Sorge besteht darin, dass durch die Kontaktbeschränkungen in den vergangenen Jahren unser Immunsystem nicht so gut trainiert ist. Außerdem warnen Mediziner vor einer heftigen Grippewelle im Herbst 2023/2024, denn ein Indikator ist das Geschehen auf der Südhalbkugel. In Australien geht in diesen Wochen der Winter zu Ende und die Menschen leiden derzeit unter einer besonders heftigen Grippewelle. Auch wird beobachtet, dass in diesem Jahr besonders viele junge Menschen erkrankt sind, also Personen, die in der Regel nicht durch eine Impfung geschützt sind.
Wer kann sich gegen Grippe impfen lassen?
Grundsätzlich können sich alle Menschen durch eine Grippeimpfung vor einer Infektion schützen. Insbesondere Personen, die durch Kontakt zu vielen Menschen ein erhöhtes Ansteckungsrisiko haben, bietet die Grippeimpfung einen guten Schutz. Die STIKO empfiehlt insbesondere Menschen ab 60, Schwangeren sowie Personen, die zum Beispiel durch eine Grunderkrankung gefährdet sind, eine Impfung. Es gilt aber auch: Alle, die sich impfen lassen, tragen dazu bei, die Zahl der Grippeinfektionen zu minimieren und schützen sich und ihre Mitmenschen und entlasten das Gesundheitssystem. Wir wissen auch, die Impfung schützt nicht sicher vor der Infektion. Aber wer geimpft ist, kann mit einem milden Verlauf rechnen.
Wann ist der richtige Zeitpunkt?
Die jährliche Influenzawelle erreicht in Deutschland meist nach der Jahreswende ihren Höhepunkt. Erste Infektionen werden in der Regel Ende September beobachtet, dann steigen die Fallzahlen kontinuierlich an. Mit Blick auf die Infektionszahlen in Australien und die letzte Grippesaison rechnen Experten in diesem Jahr mit einem frühen Start der Grippesaison. Um rechtzeitig geschützt zu sein, wird deshalb empfohlen, sich in dieses Jahr früh impfen zu lassen. Nach der Impfung dauert es 10 bis 14 Tage, bis der Impfschutz vollständig aufgebaut ist.
Und nun die Gretchen-Frage: Wie ist es denn mit der Corona-Impfung?
Die Gretchen-Frage nach der Religion in Goethes Faust ist eine Frage nach der individuellen Haltung. Die Frage nach der Notwendigkeit einer Impfung sollte durch Experten und Expertinnen beantwortet werden. In der Corona-Krise mussten wir alle lernen, dass Experten-Empfehlungen sich regelmäßig an die rasante Entwicklung der Covid-Infektionen anpassen mussten. Also kann ich für das Thema Corona hier nur eine Momentaufnahme liefern – und wir warten ab, was die nächsten Wochen bringen.
- Die Corona-Infektionszahlen steigen langsam.
- Experten gehen von einer guten Grundimmunisierung der Gesellschaft durch Impfungen und Infektionen aus.
- Derzeit verlaufen Infektionen in der Regel harmlos, Krankenhausaufenthalte sind selten.
- Als gut geschützt gilt, wer durch Impfungen und Infektionen mindestens dreimal Kontakt zum Virus hatte (Basisimmunisierung). Wenn dies nicht der Fall ist, wird eine Auffrischungsimpfung empfohlen.
- Der neue an die derzeit vorherrschenden Virus-Varianten angepasste Impfstoff von BioNTech ist bereits verfügbar. Der Impfstoff ist zugelassen für die Impfung von Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren, unabhängig vom bestehenden Impfstatus.
- Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat außerdem die Zulassung des angepassten COVID-19-Impfstoffs von Moderna in der EU bestätigt.
- Zusätzlich zur Basisimmunität empfiehlt die STIKO für Personen mit erhöhtem Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf weitere Auffrischimpfungen. Dies betrifft insbesondere Personen über 60 und Menschen mit Grunderkrankungen.
- Corona und Grippe kann mit zwei Spritzen an einem Tag geimpft werden.
Dies sind die wesentlichen Fakten, die zur Beantwortung der Corona-Impffrage wichtig sind. Es ist die Aufgabe der Betriebsärzte und der betriebsärztlichen Dienste, die Entwicklung im Blick zu behalten und die Unternehmen angepasst an die aktuelle Faktenlage zu informieren.
Hier finden Sie alle relevanten Informationen rund um das Thema Schutzimpfungen in Betrieben.
Über die Person
Dr. Anke Müller-Peters ist Geschäftsführende Gesellschafterin des arbeitsmedizinischen Dienstes SMARTmedSolutions mit Sitz in Köln und Berlin. Zuvor war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität zu Köln sowie Geschäftsführerin mehrerer Dienstleistungsunternehmen im Bereich Personal und Marktforschung, sowie Dozentin für Wirtschaft und Psychologie an verschiedenen Hochschulen. Ihr Ziel sind gute Lösungen für eine gesunde Arbeitswelt, in der Menschen gerne arbeiten.
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