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Personalthema Mitarbeiterbeteiligungen: So vermeiden Sie Stolperfallen und verteilen die Anteile gerecht
Neben ihrer Funktion als personalpolitische Maßnahme haben Mitarbeiterbeteiligungen auch einen finanzwirtschaftlichen Effekt, indem sie die Liquidität des Unternehmens schonen, beispielsweise durch niedrigere Gehälter.
Dabei ist der Employee Stock Option Plan, kurz ESOP, längst nicht mehr nur im Start-up-Ökosystem beliebt. Seit Jahren steigt auch die Implementierungsquote in klein- und mittelständischen Unternehmen stark an.
Allerdings ist es – vor allem aufgrund der in Deutschland vergleichsweise komplizierteren Regelungen und Gesetze – zwingend notwendig, das Programm maßgeschneidert zu konzipieren und rechtlich wasserdicht aufzusetzen. Welche Probleme ansonsten auftreten können, zeigt das inzwischen bekannte Beispiel von Klarna.
Aus dem Fall Klarna die richtigen Schlüsse ziehen
Stellen Sie sich vor, dass Sie bei einem der aufstrebendsten Start-ups des Landes arbeiten und eine Mitarbeiterbeteiligung in Aussicht gestellt bekommen. Der Firmenwert liegt bereits bei knapp 50 Milliarden Dollar und scheint unaufhaltsam weiter zu steigen. Womöglich sind Sie nur einen Börsengang oder Unternehmensverkauf davon entfernt, genauso reich zu sein, wie die Mitarbeitenden der großen Tech-Konzerne aus dem Silicon Valley. Eine einmalige Chance – dachte sich auch die Klarna Belegschaft, als das Unternehmen 2020 ein Mitarbeiterbeteiligungsprogramm einführte. Der Wert der Anteile befand sich zu diesem Zeitpunkt auf einem historischen Hoch. Darauf folgte jedoch die größte Krise, in der das Unternehmen jemals steckte.
Der Firmenwert brach auf unter sieben Milliarden Dollar ein. Ein Fall, den das Mitarbeiterbeteiligungsprogramm nicht abdeckte. Die Mitarbeitenden von Klarna erhielten erst nach Ablauf einer bestimmten Frist („Vesting“) ihre echten Anteile. Bereits mit der Zuteilung der Anteile wurden jedoch Lohnsteuer und weitere Abgaben fällig, die bis zu der Hälfte des damaligen Papierwertes der Anteile betragen konnten. Die Klarna-Belegschaft musste also beträchtliche Steuerabgaben zahlen, bevor ihnen die Anteile überhaupt ausgezahlt wurden. Zudem sank der eigentliche Wert der Anteile in der Zwischenzeit auf einen Wert, der so weit unter dem damaligen Papierwert lag, dass selbst die zu zahlenden Steuern höher waren. Für viele Mitarbeitende war dies eine existenzbedrohende Situation, da das Geld direkt vom Gehalt abgezogen wurde.
Auf individuelle Ausgestaltung und Expertenunterstützung setzen
Der Fall Klarna zeigt, dass Mitarbeiterbeteiligungsprogramme im Vorhinein gut durchdacht sein müssen, damit solche Stolperfallen gar nicht erst entstehen. Sie auszugestalten und einzuführen, erfordert aber einen hohen Individualisierungsgrad.
Wenn von Seiten des bestehenden Teams Interesse an einer Beteiligung besteht oder das Unternehmen diese Option nutzen möchte, um neues Personal zu rekrutieren, lohnt es sich, ausreichend Zeit in die Planung zu investieren.
So wird sichergestellt, dass ein rechtlich einwandfreies Beteiligungsprogramm aufgesetzt wird, das entsprechende Vorteile für alle bietet.
Außerdem können mit Hilfe der Individualisierung und Expertenrat natürliche, steuerrechtliche oder sozialversicherungsrechtliche Nachteile vermieden werden. Vor der Einführung gilt es grundlegende Fragen zu klären:
- Wie sieht es mit der Versteuerung beim Begünstigten aus?
- Welche Klauseln gibt es, die nicht vergessen werden sollten, um potenzielle Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden?
- Was passiert mit der Beteiligung, wenn Mitarbeitende das Unternehmen verlassen?
Unabhängig von den jeweiligen Antworten kann, je nachdem wie die unternehmensspezifischen Anforderungen und Ziele aussehen, auch ein VSOP zielführender sein. Dabei handelt es sich um die Abkürzung für „Virtual Employee Stock Option Plan”. Dieser bildet das Rahmenwerk für die Ausgabe virtueller Anteile. Bei dieser schuldrechtlichen Vereinbarung zwischen Arbeitnehmenden und Arbeitgeber werden die realen Anteile nachgebildet, um die gleiche Anreizwirkung zu erfüllen, aber gleichzeitig die Nachteile und regulatorischen Probleme dieser zu umgehen. Dazu zählt die sogenannte Dry-Income-Besteuerung wie im Fall Klarna, bei der Arbeitnehmende die realen Anteile als geldwerten Vorteil versteuern müssen, obwohl sie die Anteile noch gar nicht verkauft haben und entsprechend liquide sind.
VSOP meistens die bessere Wahl
Auch nach den Neuerungen des Zukunftsfinanzierungsgesetzes, das voraussichtlich noch dieses Jahr in Kraft treten wird und die steuerlichen Rahmenbedingungen für Mitarbeiterbeteiligungen mit realen Anteilen verbessert, bleibt ein VSOP oftmals die bessere Wahl: So ist etwa auch nach dem neuen Gesetz weiterhin die wichtige Frage der Bewertung des Unternehmens – und somit die Höhe des zu versteuernden geldwerten Vorteils – weiterhin ungeklärt und bei jeder einzelnen Übertragung von echten Anteile muss man zum Notar.
Mitarbeiterbeteiligungen können ein komplexes Thema sein – solange sie nicht individuell im jeweiligen Unternehmenskontext richtig verstanden und angewandt werden. So kann auch die Frage, ob ESOP oder VSOP das bessere Modell ist, nicht pauschal beantwortet werden. Stattdessen muss der Sachverhalt immer mit Blick auf das Unternehmen individuell betrachtet werden.
Grundsätzlich sind VSOP-Vereinbarungen dennoch flexibler, verursachen weniger Aufwand und vermeiden umständliche gesellschaftsrechtliche Prozesse.
Egal auf welche Variante die Auswahl fällt, die Ausgestaltung eines Mitarbeiterbeteiligungsprogrammes sollte wohlüberlegt sein. Trotzdem stellt das für interessierte Unternehmen kein Hindernis dar. Mit der entsprechenden Beratung durch Experten lässt sich ein entsprechendes, maßgeschneidertes Programm innerhalb weniger Wochen ausgestalten und implementieren.
Verbreitete Mythen über ESOPs
- Exklusivität für Großunternehmen: ESOPs sind nicht ausschließlich großen und profitstarken Unternehmen vorbehalten. Gerade kleinen und jungen Unternehmen helfen ESOPs, Mitarbeitende nachhaltig zu motivieren und langfristig an das Unternehmen zu binden.
- Nur für einen kleinen privilegierten Kreis: ESOPs müssen nicht auf einen kleinen, privilegierten Kreis der Belegschaft beschränkt sein. Sie können so gestaltet werden, dass sie eine breite Mitarbeiterbasis abdecken und gerecht verteilt sind.
- Anteile sind sofort verfügbar: Der Erhalt von ESOP-Anteilen kann an Bedingungen geknüpft sein und sich über einen Zeitraum erstrecken. Sie sind nicht zwangsläufig sofort verfügbar.
- Risikofreie Investitionen: ESOPs sind nicht risikofrei. Der Wert der Anteile kann schwanken und hängt von der Leistung des Unternehmens ab. Allerdings lassen sich mit der richtigen Planung Fallen, wie die im Klarna-Fall, verhindern.
- Teuer und kompliziert einzurichten: Obwohl die Einrichtung von ESOPs bestimmte Kosten und komplexe Schritte mit sich bringen kann, ist dies nicht zwangsläufig teuer oder unüberwindbar. Mit professioneller Beratung und einer klaren Strategie können Unternehmen effektive ESOPs schaffen und das in wenigen Tagen!
Über die Personen
Kolja Czudnochowski ist (Serien-)Unternehmer, Angel Investor und Mitgründer von ESOP-Direkt. Ihm lagen Konzepte zur fairen und wirtschaftlich attraktiven Incentivierung von Mitarbeitenden früh am Herzen. Bei der Einführung eigener Beteiligungsprogramme beobachtete er, dass unzureichende Beratung, fehlende Transparenz und schwerwiegende Fehler bei der Umsetzung von Beteiligungsprogrammen keine Ausnahme waren. Bei ESOP-Direkt verantwortet er die Weiterentwicklung des Projektes und dessen Angebot... mehr
Dr. Christopher Hahn ist Gründungspartner von trustberg, Rechtsanwalt, Business Angel und Mitgründer von ESOP-Direkt. Als Anwalt konzentriert er sich auf Gesellschaftsrecht, M&A und Venture Capital. Seit mehreren Jahren ist Christopher Hahn Experte auf dem Gebiet der Mitarbeiterbeteiligungen und schrieb u. a. das Standardwerk „Virtuelle Mitarbeiterbeteiligungen“ für Springer Gabler. Bei ESOP-Direkt verantwortet er die Unternehmensentwicklung sowie die zeitgemäße, rechtlich einwandfreie und... mehr
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