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Kolumne Lutz Altmann und Stefan Schulz Das teure Festhalten an überholten Recruiting-Prozessen: Warum Unternehmen den Wandel verschlafen und dabei Millionen Euro an Potenzial verschwenden

Ein Beispiel zeigt die dramatischen Folgen:
Als in einem mittelständischen Unternehmen der Bauindustrie einer der Payroll Specialists wegen längerer Krankheit ausfiel, drohte die Gehaltsabrechnung von 1.500 Mitarbeitern zu kollabieren. Die bestehenden Recruiting-Prozesse boten keine Lösung – sie waren schlicht nicht darauf ausgelegt, schnell auf solche Krisen zu reagieren. Die Rettung kam durch einen Fractional Expert, der innerhalb von drei Tagen einsatzbereit war. Doch warum können die meisten Unternehmen solche flexiblen Lösungen nicht selbst umsetzen?
Die bedrohliche Realität des Recruitings
Der Fachkräftemangel, überlastete HR-Abteilungen und steigende Anforderungen an Spezialexpertise entwickeln sich zur existenziellen Bedrohung für viele Unternehmen.
Während die Besetzung von Vakanzen immer länger dauert, verlieren Unternehmen täglich an Wettbewerbsfähigkeit.
Projekte verzögern sich, Innovationen stocken, Kundenbeziehungen leiden. Interim- und Fractional Experts könnten diese gefährliche Lücke schließen – doch die meisten Unternehmen sind mit ihren Recruiting-Prozessen darauf nicht vorbereitet.
Was sind Interim und Fractional Experts?
Die Unterscheidung ist wichtig:
- Interim Experts sind erfahrene Fachkräfte für befristete Projekte oder zur Überbrückung von Vakanzen, beispielsweise ein Projektmanager zur Restrukturierung eines Geschäftsbereichs.
- Fractional Experts bringen ihre Fachkompetenzen für längerfristige, aber flexible Einsätze ein. Sie arbeiten oft nur ein bis zwei Tage pro Woche und unterstützen das Unternehmen über einen längeren Zeitraum, etwa im spezialisierten Accounting oder als Einkaufsexperte für strategische Verhandlungen.
Die dramatischen Kosten unbesetzter Positionen
Die meisten Unternehmen fokussieren sich verbissen auf die Festanstellungssuche, ohne die massiven Kosten der Vakanz zu berücksichtigen. Während Monate mit erfolglosen Recruitingversuchen vergehen, verbrennen sie unbewusst enorme Summen. Ein konkretes Rechenbeispiel aus der Praxis verdeutlicht diese oft ignorierten finanziellen Dimensionen:
- Jahresgehalt: 55.000 EUR
- Faktor Personalkosten: 1,5
- Time to Fill: 180 Tage
- Personalkosten für Vakanzzeit: 40.685 EUR
- Opportunitätskosten (Faktor 1,0): 40.685 EUR
- Gesamtes Vakanzbudget: 81.370 EUR
Multipliziert mit mehreren offenen Positionen erreichen diese Verluste schnell Millionenhöhe. Hinzu kommen oft unterschätzte Folgekosten wie:
- Überlastung der verbleibenden Mitarbeiter
- Sinkende Teamproduktivität
- Verlust von Marktanteilen an schnellere Wettbewerber
- Reputationsschäden bei Kunden und Partnern
Warum klassische Recruiting-Prozesse versagen
Die Herausforderungen bei der Integration von Interim und Fractional Experts sind systemisch. Innovative Technologien wie Künstliche Intelligenz oder moderne Technologiestacks, die über unterschiedliche Lösungen miteinander vernetzt sind, könnten neue Möglichkeiten für effizientes, kompetenzbasiertes Recruiting bieten. Doch für viele Unternehmen ist es leider nicht möglich diese ad hoc zu nutzen und so verharren viele Unternehmen in veralteten Strukturen:
1. Blockierende HR-Infrastruktur:
- HR-Systeme und Prozesse sind ausschließlich auf Festanstellungen ausgelegt.
- ATS-Systeme sind für die Abbildung flexibler Einsatzmodelle nicht konfiguriert. Diese Prozesse wurden bei der Planung schlicht nicht vorgesehen.
- Bewertungskriterien passen nicht zu Projekt-Portfolios.
- Verantwortung für projektbezogene Sourcing-Lösungen werden auf die Fachabteilung “abgewälzt”.
- Matching-Algorithmen ignorieren projektspezifische Anforderungen.
2. Lähmende organisatorische Hürden:
- Klassiche Recruiting Prozesse sind oft langwierig. (Zwei Gespräche, Einbindung mehrerer Personen und Abteilungen, etc.).
- Fachabteilungen haben keinen Zugriff auf relevante Tools.
- Unklare Verantwortlichkeiten zwischen HR und Fachabteilungen.
- Getrennte Entscheidungswege verzögern dringende Besetzungen.
3. Kritische Expertise- und Erwartungslücken:
- Fehlende Erfahrung in der Bewertung von Interim-Expertise
- Mangelndes Verständnis für flexible Einsatzmodelle
- Unrealistische Erwartungen an Onboarding und Integration
- Unterschätzte Dringlichkeit bei kritischen Besetzungen
Die Marktdynamik erfordert neue Lösungen
Der Interim-Management-Markt wächst rasant – 2023 auf über 2,75 Milliarden Euro laut der Dachgesellschaft Deutsches Interim Management (DDIM). Die temporäre Stagnation 2024 täuscht über den langfristigen Trend hinweg, der durch folgende Punkte befeuert wird:
- Zunehmende Geschäftskomplexität in allen Bereichen.
- Ende der Generalistenära durch Spezialisierungsdruck.
- Steigender Bedarf an flexiblen Expertenlösungen.
Spezialisierte Partner als strategischer Vorteil
Während große, träge Personaldienstleister oft an denselben Systemproblemen kranken wie interne HR-Abteilungen, nutzen moderne, spezialisierte Partner bereits die Möglichkeiten neuer Technologien. Durch den Einsatz moderner Technologiestacks haben Sie Vorteile bei der Suche, Ansprache und Bewertung von Kandidaten. Diese innovativen Tools ermöglichen:
- Präzises kompetenzbasiertes Matching – ein aus meiner Sicht wesentlicher Faktor, um Vakanzen zu besetzen.
- Schnellere Identifikation passender Experten.
- Intelligente Analyse von Projekt-Portfolios.
- Effizientere Bewertung von Spezialisierungen.
Darüber hinaus bieten diese agilen Partner weitere entscheidende Vorteile:
- Tiefes Verständnis für projektbasierte Einsätze.
- Etablierte Prozesse für Blitzvermittlung.
- Zugang zu validierten Experten-Pools.
- Flexible Vertragsmodelle.
Dieses Beispiel des Payroll Specialists demonstriert die Effizienz:
- Bereitstellung in 3 statt 180 Tagen.
- Sofortige Expertise ohne Einarbeitungszeit.
- Effizienter Einsatz des Vakanz-Budgets von 81.000 EUR als Return-on-Invest.
Sicherung der betrieblichen Stabilität.
Fazit: Der Preis des Stillstands
Das Festhalten an überholtem Recruitingverhalten und dessen Prozessen, kostet Unternehmen nicht nur Millionen an direkten Vakanzkosten – es gefährdet ihre Zukunftsfähigkeit. Während sie versuchen, mit traditionellen Methoden moderne Herausforderungen zu bewältigen, wächst die Kluft zwischen starren Systemen und den Anforderungen einer dynamischen Wirtschaft täglich.
Die Lösung liegt nicht in der graduellen Anpassung bestehender Prozesse. Erforderlich ist ein fundamentales Umdenken:
Weg von der Fixierung auf klassische Festanstellungen, hin zu flexiblen Expertenmodellen. Die Technologie und die Landschaft der passenden Sourcing-Partner existiert bereits hierfür – was fehlt, ist oft der Mut zur Veränderung.
Unternehmen stehen vor einer klaren Wahl: Entweder sie akzeptieren die versteckten Millionenkosten, oder sie öffnen sich für neue Wege der Zusammenarbeit. Denn eines ist sicher: In einer Wirtschaft, die von Geschwindigkeit und Spezialisierung geprägt ist, wird die Fähigkeit zur flexiblen Integration von Expertise zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor.
Über die Personen
Lutz Altmann ist Geschäftsführer bei Karriereweg. Er verfügtber 20 Jahre Erfahrung in der Personalberatung inklusive sieben Jahre als Interim Recruitment Manager. Mit dem Fokus auf strategische und nachhaltige Vermittlung von Fach- und Führungskräften – ob Fractional, Interim oder Permanent – unterstützt Karriereweg Unternehmen dabei, die Herausforderungen des modernen Arbeitsmarkts durch klare, wirtschaftlich fundierte Lösungen zu meistern.
Stefan Schulz ist Geschäftsführer bei Karriereweg. Er verfügt über 20 Jahre Erfahrung im Management inklusive neun Jahre Erfahrung in der Personalberatung. Mit dem Fokus auf strategische und nachhaltige Vermittlung von Fach- und Führungskräften – ob Fractional, Interim oder Permanent – unterstützt Karriereweg Unternehmen dabei, die Herausforderungen des modernen Arbeitsmarkts durch klare, wirtschaftlich fundierte Lösungen zu meistern.
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