Personalfokus IAB-Arbeitsmarktbarometer fällt weiter in den negativen Bereich und weitere Neuigkeiten rund um HR

Das IAB-Arbeitsmarktbarometer sinkt im Oktober um 0,4 Punkte auf 99,5 Punkte und liegt somit weiterhin unter der neutralen Marke von 100. Außerdem gibt es neue spannende Studienergebnisse zum mobilen Arbeiten, KI im Betrieb sowie der Gesundheitsförderung durch Arbeitgeber. Erfahren Sie jetzt mehr über diese und weitere Personalthemen!

Personalfokus

IAB-Arbeitsmarktbarometer fällt weiter in den negativen Bereich

Das IAB-Arbeitsmarktbarometer sinkt im Oktober im Vergleich zum Vormonat um 0,4 Punkte. Der Frühindikator des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) fällt mit 99,5 Punkten weiter unter die neutrale Marke von 100. Mit Ausnahme der ersten Corona-Welle stand das Barometer noch nie so tief. Das European Labour Market Barometer sinkt zum sechsten Mal in Folge. Mit einem Minus von 0,2 Punkten entfernt es sich im Oktober mit 99,1 Punkten noch stärker von der Marke von 100.

Dem Arbeitsmarkt steht ein schwieriger Winter bevor“, erklärt Enzo Weber, Leiter des IAB-Forschungsbereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“. Die Komponente des IAB-Arbeitsmarktbarometers zur Vorhersage der Arbeitslosigkeit sinkt im Oktober deutlich in den negativen Bereich ab und steht nach einem Minus von 0,7 Punkten inzwischen bei 96,4 Punkten. „Die Arbeitsagenturen erwarten, dass der Wirtschaftsabschwung die Arbeitslosigkeit weiter steigen lässt“, so Weber. Die Beschäftigungskomponente fällt im Oktober um 0,1 Punkte auf 102,6 Punkte. Die Beschäftigungsaussichten verzeichnen nur einen kleinen Rückgang, bleiben damit positiv, aber im Vergleich zum Frühjahr deutlich gedämpft. 

Das European Labour Market Barometer sinkt zum sechsten Mal in Folge. Es fällt nur leicht um 0,2 Punkte gegenüber dem September, steht mit 99,1 Punkten aber etwas schwächer als das deutsche Barometer. Die Komponente zur Vorhersage der Arbeitslosigkeit fällt um 0,1 Punkte auf aktuell 97,4 Punkte und bleibt damit deutlich im negativen Bereich. Die Komponente zur Vorhersage der Beschäftigung liegt im Oktober bei 100,9 Punkten, 0,3 Punkte niedriger als im Vormonat. Die Beschäftigungsaussichten liegen damit noch knapp im grünen Bereich. Bis auf wenige Ausnahmen fallen die Aussichten in vielen teilnehmenden Ländern Europas im Oktober weiter ins Negative. „Die Weltkonjunktur lahmt nach der Energiekrise. Und mit ihr die europäischen Arbeitsmärkte“, so IAB-Ökonom Weber.

Sozialpartnerstudie Mobiles Arbeiten: Hat der Betrieb als sozialer Ort ausgedient?

Die Studienergebnisse zur Praxis des mobilen Arbeitens bei den Chemie-Arbeitgebern liegen vor: Knapp 21.000 Beschäftigte, Führungskräfte und Betriebsräte aus gut 70 Unternehmen haben an der von Fraunhofer IAO durchgeführten Studie im letzten Sommer teilgenommen.

Im Brückenabschluss der Tarifrunde 2022 hatten der Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) und die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE) vereinbart, auf Basis der Studienergebnisse zu prüfen, ob tarifpolitischer Handlungsbedarf zum mobilen Arbeiten besteht. Rahmenbedingungen wie etwa der Grundsatz der Freiwilligkeit, aber auch die Option, Ruhezeiten zu kürzen, wurden bereits 2019 im Tarifvertrag Moderne Arbeitswelt festgelegt.

Mobiles Arbeiten ist selbstverständlich geworden

Nicht nur wegen der Pandemie hat mobiles Arbeiten in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. In der chemisch-pharmazeutischen Industrie haben Transformationsprozesse aufgrund von Digitalisierung, Dekarbonisierung und demografischer Entwicklung enorme Auswirkungen auch auf die Arbeitsorganisation und die Arbeitsbedingungen. Corona hat diese Entwicklung als Booster massiv beschleunigt. Das zeigen auch die Ergebnisse der Studie.

Knapp 70 Prozent der Unternehmen hatten im Sommer 2023 bereits eine Vereinbarung zu ortsflexiblem Arbeiten geschlossen. In den übrigen Betrieben laufen Gespräche oder es besteht zumindest die Absicht, eine Regelung zu vereinbaren. Ortsflexibles Arbeiten ist heute eine Selbstverständlichkeit geworden, die betriebsindividuell und damit passgenau zwischen Unternehmen und Betriebsräten vereinbart wird.

78 Prozent der Befragten arbeiten zumindest teilweise mobil. Wenig überraschend ist, dass die Qualifikation in klarem Zusammenhang zur Ortsunabhängigkeit der Arbeit steht: Je mehr Wissensarbeit, desto digitaler und damit mobiler ist der Job. Das bedeutet jedoch nicht, dass Produktionsbeschäftigte keine Flexibilität erleben, denn neben der Flexibilität des Arbeitsortes ist die Lage der Arbeitszeit zentral. Mehr als 94 Prozent aller Befragten haben (zumindest teilweise) einen Entscheidungsspielraum, wann sie ihre Tätigkeit beginnen oder beenden. Das belegt, dass auch Produktionsbeschäftigte längst von Flexibilisierungen profitieren.

Ebenfalls bemerkenswert ist, dass knapp 13 Prozent der Befragten nicht mobil arbeiten, obwohl ihre Tätigkeit dies zuließe. Ein gutes Drittel dieser Beschäftigten hat sich aktiv gegen die mobile Arbeit entschieden. Sie arbeiten lieber im Betrieb. Gegenwärtig wird an zwei bis drei Tagen/Woche mobil gearbeitet, wobei der durchschnittliche Wunsch vieler Beschäftigter eher bei drei bis vierTagen/Woche liegt. Bedenklich ist, dass 18 Prozent der mobil Arbeitenden am liebsten gar nicht mehr ins Büro kommen würden und stattdessen fünf Tage  mobil arbeiten wollen. Eine Einbindung in das Team und eine Bindung an das Unternehmen können so kaum erreicht werden.

Desk-Sharing als Kehrseite der Medaille

Vor allem in großen Betrieben wurde in den letzten Jahren bereits Bürofläche reduziert. Damit einher geht die Umsetzung von Desk-Sharing-Konzepten: Derzeit teilen sich knapp ein Viertel der mobil Arbeitenden den Arbeitsplatz mit anderen, wogegen fast die Hälfte der Teilnehmenden heute noch einen persönlich zugeordneten Arbeitsplatz hat und auf diesen auch nicht verzichten möchte. Die Bedeutung des eigenen Arbeitsplatzes, aber auch Vorbehalte gegen Desk-Sharing, zeigen sich im Meinungsbild.

Desk-Sharing-Konzepte finden sich fast nur in großen Betrieben mit über 1.000 Beschäftigten, in denen bereits ein Drittel der Mitarbeitenden ihren Arbeitsplatz teilen. Bei den Betrieben unter 1.000 Beschäftigten sind es hingegen weniger als zehn Prozent.

Die Erfahrungen mit Desk-Sharing sind meist gut: Knapp drei Viertel der Beschäftigten ohne individuellen Arbeitsplatz haben positive Erfahrungen gemacht. Negativ werden fehlendes Equipment an den Arbeitsplätzen, mangelnde Sauberkeit und zeitliche Aufwände für Aufbau und Suche nach einem freien Arbeitsplatz bewertet. Dennoch bietet Desk-Sharing neben der Kostenersparnis durch einen engeren Austausch der Mitarbeitenden auch die Chance, die Produktivität zu steigern.

Was bedeutet mobiles Arbeiten für das Team?

Ob mobiles Arbeiten zur Steigerung der Produktivität führt, ist umstritten. Klar dagegen ist, dass mobiles Arbeiten als eigenverantwortlich und zeitlich flexibel bewertet wird. Mehr als die Hälfte der Befragten stellt jedoch fest, dass der soziale Austausch und die Kreativität bei der Zusammenarbeit unter ortsflexiblem Arbeiten leiden.

Auch wenn die Studie eine Momentaufnahme ist, müssen negative mittel- bis langfristige Folgen für die Bindung, aber eben auch Innovationskraft im Fokus bleiben. Auf lange Sicht ist auch die Gefahr einer sozialen Erosion gegeben, auch wenn derzeit nur 19 Prozent von einer Verschlechterung des Zusammenhalts im Team sprechen. Viele Teams profitieren noch von einem Sozialkapital, das sie in einer verstärkten Präsenz in der Vor-Corona-Zeit aufgebaut haben. Besonders schwierig ist es schon jetzt für Beschäftigte, die in andere Teams wechseln, oder für neu Eingestellte, aufgrund geringeren sozialen Austauschs in den Teamzusammenhalt wachsen zu können.

Ein erheblicher Teil der Beschäftigten stellt abnehmendes Engagement der Kolleginnen und Kollegen ebenso fest wie ein verringertes Interesse am sozialen Austausch untereinander. Auf den ersten Blick scheint diese Erkenntnis weniger wichtig, weil nicht direkt arbeitsbezogen. Auf den zweiten Blick allerdings sind die Risiken hochrelevant: Das soziale Miteinander ist ein wichtiger Klebstoff und Ermöglicher von Zusammenarbeit, Hilfe, Krisenresilienz und Bindung.

Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass gut ein Jahr nach Corona mobiles Arbeiten in den Betrieben funktioniert und ganz überwiegend geregelt ist. Nun gilt es, den neu entstehenden Risiken für Teams und deren soziale Zusammenarbeit wirksam zu begegnen.

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Arbeitgeberpräsident Dulger fordert Ampel zum Handeln auf

Sowohl die Unternehmer in Deutschland als auch die Bevölkerung wünschen sich von der Ampel-Koalition mehr konkretes Handeln - vor allem mit Blick auf den Wirtschaftsstandort, Bildung und Bürokratie.

Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts forsa im Auftrag der BDA macht sich die große Mehrheit der befragten Unternehmer (82 Prozent) große Sorgen um den Standort Deutschland. Arbeitgeberpräsident Dulger forderte die Ampel auf dem Deutschen Arbeitgebertag 2023 zum Handeln auf: Keine Gipfelanalysen mehr - wir brauchen ein gemeinsames Handeln für unseren Standort. Als Unternehmer will ich wissen, wie es zukünftig weitergeht. Ich muss die Weichen richtig stellen. Die Standortbedingungen stimmen nicht mehr. Schönreden ist keine Alternative zum Handeln.

Eine große Mehrheit der Unternehmer (70 Prozent) und der Bevölkerung (74  Prozent) fordern von der Politik eine Verbesserung im Bildungs- und Schulwesen. Zudem plädieren 85 Prozent der Unternehmer und 60 Prozent der Bevölkerung für einen Abbau von Bürokratie. Den Wunsch nach einer Modernisierung und Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung haben 69 Prozent der Unternehmer und 52 Prozent der Bürger geäußert. Beide Umfrageergebnisse weisen im Vergleich zum vergangenen Jahr eine deutliche Steigerung auf. Ein gezielter Bürokratieabbau ist ein kostenloses Konjunkturprogramm, stellte Arbeitgeberpräsident Dulger fest. Es gehe darum, die Prozesse auf das 21. Jahrhundert auszurichten und zu digitalisieren. Handeln heißt: Deutschland muss einfacher werden!

Schlechte Noten für die Ampel-Regierung: 88 Prozent der befragten Unternehmer und 79 Prozent der Bürger geben an, die Bundesregierung habe keine durchdachte Strategie zur Bewältigung der aktuellen Krisen.

Die forsa-Umfrage wurde auf dem Deutsche Arbeitgebertag am 17. Oktober 2023 in Berlin vorgestellt. Im Auftrag der BDA wurden insgesamt 1.000 Bundesbürger ab 18 Jahren sowie 275 Mitgliedsunternehmen der BDA zu ihrer Einschätzung der Qualität des Wirtschaftsstandorts Deutschland befragt.

Jobs und Familie: Chance oder Risiko?

Der Wandel vom Arbeitgeber- zum Arbeitnehmermarkt bewirkt vielfach auch eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Erfolgreiche Unterstützungsangebote gehen jedoch über flexible Arbeitszeiten und Betreuungsangebote hinaus:

Kinder kosten gerade in den ersten Jahren eine Menge Zeit, Geld und Nerven. Was früher zu strikter Rollenverteilung Anlass gab, muss in Zeiten allgemeinen Fachkräftemangels wie auch gewandelter gesellschaftlicher Werte unternehmerisch weitsichtiger gelöst werden.

Wichtigste Prämisse ist dabei die Abkehr von einer einseitigen Defizitorientierung: Fraglos stellen Mutterschutz, Elternzeit und häufige „Kind krank“-Tage eine empfindliche Einschränkung betrieblicher Produktivität dar.

Ausgeprägtes Organisationstalent

Zugleich entwickeln erziehungspflichtige Mitarbeitende aber auch ausgeprägtes Organisationstalent, verfügen über ein hohes Maß an Resilienz und sind offener für Veränderungsprozesse. Ebenso führt ihr achtsamer Umgang mit Ressourcen zu einer allgemein gesünderen Lebensweise.

Es ist somit wenig erstaunlich, wenn bei einer Umfrage berufstätige Eltern vor allem mehr Zeit für sich und ihre Familie wünschen, während veränderte Arbeitsbedingungen und finanzielle Unterstützung an zweiter Stelle stehen.

Spielen Väter statistisch gesehen gegenüber berufstätigen Müttern immer noch eine geringe Rolle, was zum Beispiel die Inanspruchnahme von Elternzeit betrifft, ähneln sich die Erwartungen an eine Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben mittlerweile weitgehend und äußern sich bei andauernden Schwierigkeiten durch Wechsel des Arbeitsplatzes oder zuvor in Form eines „quiet quitting“.

Breitenwirksame Maßnahmen

Mitarbeiterbindung gelingt hier weniger durch ausgewählte Einzelangebote, sondern in Verbindung mit breitenwirksamen Maßnahmen, die neben flexibler betrieblicher Organisation auch individuelle Unterstützung vor allem in psychisch-emotionaler Hinsicht umfassen.

Schließlich können Spannungen sowohl am Arbeitsplatz – im Team, zu Vorgesetzten, gegenüber Kunden – als auch in der Partnerschaft oder im Freundeskreis auftreten. Rollenkonflikte, Überforderung und Schuldgefühle nehmen zu, Betroffene fühlen sich unzureichend wahrgenommen und leiden darunter.

Verstärkt durch Erschöpfung, Gereiztheit und Schlafprobleme droht eine Eskalation in Form aggressiver Verhaltensweisen oder lähmender Resignation. Depression und Burnout tragen als Schlagworte vorgebracht dazu bei, negative Gefühle vorschnell zu pathologisieren und einfache Lösungsansätze zu erschweren.

Employee Assistance Program

Hier kann psychologisch qualifizierte Beratung im Rahmen eines Employee Assistance Program (EAP) entscheidend dabei helfen, komplexe Belastungssituationen zu verstehen und zeitnah wieder Perspektiven für sich selbst und ein gesundes Miteinander zu entwickeln.

Frei vom Stigma therapeutischer Behandlung werden Einflussfaktoren ermittelt, persönliche Bedarfe klar artikuliert auch hinsichtlich ihrer Umsetzbarkeit in beruflichen wie familiären Spannungsfeldern.

Sind diese nicht selten verbunden mit Geldsorgen oder rechtlichen Herausforderungen, helfen beim EAP-Anbieter ICAS auch Fachanwälte und Schuldnerberater diskret und vertraulich mit ihrer Expertise weiter.

Zusätzliche Beratungsangebote

Zusätzliche Beratungsangebote stehen über den ICAS-Familienservice zur Verfügung, wenn es beispielsweise um spezielle Fördermöglichkeiten, Gesundheits- und Entwicklungsstörungen geht oder geeignete Formate für Nachhilfe und Ferienbetreuung gefragt sind.

Infolge demographischer Entwicklung und Versorgungsengpässe zeichnen sich zudem wachsende Handlungsbedarfe für Mitarbeitende ab, was den Pflegebedarf vor allem älterer Angehöriger betrifft:

Emotionale Belastungen und rechtlich-finanzielle Aspekte lassen sich hier ebenfalls über professionelle EAP-Services praxisgerecht und lösungsorientiert auffangen - im gemeinsamen Interesse von Arbeitgeber und Arbeitnehmer für ein familienfreundliches und darum erfolgreiches Unternehmen.

KI im Betrieb: Booster für Arbeitgeberattraktivität

Fast zwei Drittel der Befragten aus Unternehmen in der ifaa-Studie zu künstlicher Intelligenz denken, dass der Einsatz von KI ein Booster für die Arbeitgeberattraktivität ist. „Der Einsatz von KI lässt Unternehmen innovativ erscheinen und zieht Fachkräfte an“, so Nicole Ottersböck, wissenschaftliche Mitarbeiterin am ifaa – Institut für angewandte Arbeitswissenschaft.

Um die Attraktivität für alle Beschäftigten – auch für die, die mit KI eher fremdeln – zu steigern, sind eine umsichtige Einführung und eine menschengerechte Softwaregestaltung wesentliche Erfolgsfaktoren. In unserem Forschungsprojekt KI_eeper – Know how to keep legen wir darauf besonders Wert“, ergänzt die Projektverantwortliche am ifaa.

KI: motivationsfördernd, lernfördernd und erleichternd

66 Prozent der 449 Befragten schätzen, dass KI-Einsatz Unternehmen innovativ erscheinen lässt und für Fachkräfte attraktiver macht. 45 Prozent gehen davon aus, das KI sogar die Motivation Beschäftigter steigert und 58 Prozent, das die Lernförderlichkeit erhöht wird. Davon, dass KI hilft, die Komplexität von Tätigkeiten zu reduzieren, gehen 53 Prozent der Befragten aus.

Arbeit erleichtern und attraktiver machen: das Projekt KI_eeper

Individuelle Produkte und Dienstleistungen steigern die Komplexität in Betrieben. Oft werden unzählige verschiedene Varianten produziert, die teilweise sehr unterschiedlich gefertigt werden müssen. Nur erfahrene Beschäftigte kennen alle Varianten und kommen gut zurecht. KI-basierte Assistenzsysteme, wie sie im Projekt KI_eeper entwickelt werden, sollen die Komplexität reduzieren und Beschäftigte im Arbeitsprozess unterstützen. Im Projekt wird ein selbstlernendes KI-Assistenzsystem entwickelt. Erfahrungswissen soll damit zukünftig automatisiert im Arbeitsprozess identifiziert und gespeichert werden. Die Wissensbasis kann dann von allen Beschäftigten genutzt werden und die Arbeit erleichtern.

Bedarfe erkennen – Mehrwert durch Technik sichern

Damit das neue technische System zu einem Attraktivitätsbooster wird, hat das Projektteam die Beschäftigten von Anfang an am Entwicklungsprozess beteiligt. „Alle, auch diejenigen die nicht so technikaffin sind, sollen mitgenommen werden. Es soll ein System entstehen, das unterstützt und nicht überfordert“, so Ottersböck. Dafür hat das Projektteam ein Vorgehen entwickelt und in den zwei Anwenderbetrieben exemplarisch erprobt. Die Beschäftigten wurden nicht nur informiert, sondern auch in Interviews und Workshops zu ihren Assistenzbedarfen befragt. „Es ist essenziell, die Bedarfe zu berücksichtigen. Nur dann kann mit Technik ein Mehrwert erzeugt werden“, erklärt Ottersböck. Technische Konzeptionen wurden den Beschäftigten praxisnah präsentiert und ihr Feedback dazu eingeholt, um Fehlentwicklungen entgegenzuwirken.

Technik für alle

Das Entwicklerteam, unter Leitung von Prof. Holger Dander (Hochschule Niederrhein) und Gerhard Ganz (consipio Software Engineering GmbH), sorgt dafür, dass das KI-basierte Assistenzsystem dem „Design-for-all-Ansatz“ entspricht und somit für alle Beschäftigten nutzbar ist. Mit seinem Start up sensrec service UG entwickelt Dander seit Jahren erfolgreich mobile Assistenzsysteme – auch für Menschen mit körperlichen und geistigen Einschränkungen, um allen ein selbstbestimmtes Arbeiten zu ermöglichen.

Infos zum Projekt finden Sie hier.

Fortschritte bei der Gesundheitsförderung – Defizite bei der Beteiligung

Schlechte Arbeitsbedingungen stellen ein erhebliches Risiko für Körper und Psyche von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern dar. Einen wichtigen Beitrag zur Gesundheit in der Bevölkerung können daher Unternehmen leisten, indem sie für gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen sorgen. Inwieweit sie dieser Verantwortung gerecht werden, haben Dr. Elke Ahlers und Valeria Quispe Villalobos vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung anhand von Daten der WSI-Betriebs- und Personalrätebefragung 2021 untersucht, an der sich mehr als 3700 Beschäftigtenvertretungen beteiligt haben. Der Studie zufolge haben sich Management und Interessenvertretungen in vielen mitbestimmten Betrieben zuletzt intensiv mit Gesundheitsthemen befasst – auch aufgrund der Corona-Pandemie.

Noch Lücken

Fast drei Viertel der Betriebe boten 2021 betriebliche Gesundheitsförderung an – 2015 waren es erst gut rund die Hälfte. Instrumente des betrieblichen Gesundheitsmanagements wie beispielsweise Gefährdungsbeurteilungen werden ebenfalls zunehmend genutzt, allerdings gibt es insbesondere bei der Erfassung psychischer Belastungen noch Lücken. Bei der konkreten Umsetzung von Verbesserungen und den Beteiligungsmöglichkeiten von Beschäftigten hapert es zudem nach Analyse der Forscherinnen oft noch. Und in Betrieben ohne Betriebsrat ist das Engagement für den Gesundheitsschutz erfahrungsgemäß geringer.

Arbeitsschutz sei ein „klassisches Thema der betrieblichen Interessenvertretung“, das durch die Coronakrise ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt sei, schreiben Ahlers und Quispe Villalobos. Während bei Betriebs- und Personalräten vorher vor allem Überstunden, Arbeitsintensivierung, Zeit- und Leistungsdruck die Agenda beherrschten, hatten 2021 die drei meistgenannten Arbeitsfelder auch mit der Pandemie zu tun: Mit Corona und den Folgen für den Betriebsablauf befassten sich 89 Prozent der Befragten, mit Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung 86,1 Prozent, mit mobiler Arbeit und Homeoffice 80,5 Prozent.

Baustein für Gesundheitsprävention

Vielen Arbeitgebern scheint Gesundheitsschutz ebenfalls ein Anliegen zu sein: 73,5 Prozent der mitbestimmten Betriebe boten laut der Auswertung 2021 betriebliche Gesundheitsförderung an. Sie gilt als freiwilliger Baustein für eine langfristige Gesundheitsprävention und umfasst beispielsweise betriebliche Angebote wie Kurse zu Stressbewältigung, Bewegung oder Ernährung. Der Anteil steigt mit der Größe der Firmen: Wo bis zu 50 Beschäftigte arbeiten, beträgt er 58,1 Prozent, ab 500 Beschäftigten 87,6 Prozent. Im Vergleich von elf großen Branchen liegen Finanzen und Versicherungen mit 86,9 Prozent und die öffentliche Verwaltung mit 82,3 Prozent vorn, der Bereich Investitionsgüter mit 58,8 Prozent hinten.

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Breite Akzeptanz in den Unternehmen

Damit zeigt sich zwar keine flächendeckende, aber trotzdem eine breite Akzeptanz in den Unternehmen“, urteilen die Forscherinnen. Sie sei zudem im Laufe der Zeit deutlich gestiegen: 2015 gab es betriebliche Gesundheitsförderung nur bei 50,4 Prozent der mitbestimmten Firmen. Allerdings ist aus anderen Studien bekannt, dass Betriebe mit Betriebsrat deutlich mehr für die Gesundheit der Beschäftigten tun als Betriebe ohne Mitbestimmung. Die Quote dort könnte also spürbar niedriger liegen als bei den befragten Betrieben.

Betriebliches Eingliederungsmanagement, ein gesetzlich vorgeschriebenes Instrument, das Beschäftigte nach längerer krankheitsbedingter Auszeit bei der Rückkehr in den Job unterstützen soll, bieten 89,7 Prozent der befragten Betriebe an. Auch hier finden sich Unterschiede im Hinblick auf Betriebsgröße und Branche, die aber wegen des obligatorischen Charakters der Vorschriften weniger ins Gewicht fallen.

Deutlicher Anstieg

An die allgemeine gesetzliche Pflicht, regelmäßig Gefährdungsbeurteilungen durchzuführen, halten sich der Befragung zufolge 91,9 Prozent der Betriebe. Auch hier ist über die Jahre ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen: 2015 waren es 77,7 Prozent. „Die klassische Gefährdungsbeurteilung scheint damit – zumindest in den mitbestimmten Betrieben – angekommen zu sein“, so Ahlers und Quispe Villalobos.

Weniger erfreulich falle die Bilanz bei den Gefährdungsbeurteilungen psychischer Belastungen aus, heißt es in der Studie. Solche Belastungen wurden 2021 bei 63,4 Prozent der Betriebe vollständig berücksichtigt, bei 20,1 Prozent teilweise. Immerhin scheint das Bewusstsein über die Jahre gewachsen zu sein: 2015 berichteten 31,3 Prozent der Befragten, dass entsprechende Gefährdungsbeurteilungen vollständig durchgeführt werden, 11,2 Prozent gaben an, dass es teilweise geschieht.

Aufklärung und Unterstützung der Gewerkschaften

Verantwortlich für den positiven Trend könnte nach Einschätzung der Expertinnen die stärkere Aufklärung und Unterstützung der Gewerkschaften sein. Zudem dürfte die Corona-Arbeitsschutzverordnung eine Rolle gespielt haben, die explizit eine Gefährdungsbeurteilung zu pandemiebedingt veränderter Arbeitsbelastung – beispielsweise in Form von Ängsten vor Ansteckung oder von Isolation im Homeoffice – vorsah.

Gleichwohl sei die Erfassung psychischer Belastungen nach wie vor keine Selbstverständlichkeit in den Betrieben, so die WSI-Forscherinnen. Hinzu kommt: Nur jeder zweite Betriebs- oder Personalrat gibt an, dass Beschäftigte in diesem Zusammenhang aktiv eingebunden werden. Außerdem scheinen auf die Analyse nicht zwingend Taten zu folgen: In nicht einmal jedem dritten Betrieb sind infolge von Gefährdungsbeurteilungen tatsächlich auch organisatorische Veränderungen umgesetzt worden. 41,5 Prozent der Befragten können zumindest eine teilweise Umsetzung bestätigen.

Dass generell das betriebliche Gesundheitsmanagement im Unternehmen nicht immer reibungslos funktioniert, führen 73,6 Prozent der Befragten auf Zeit- und Personalmangel bei den Akteur*innen des Gesundheitsschutzes zurück, 45,3 Prozent auf den Verwaltungsaufwand. Mangelndes Bewusstsein der Geschäftsführung wurde mit 43,7 Prozent 2021 seltener genannt als vor der Pandemie mit 50,9 Prozent. Auch fehlendes Fachwissen und die Komplexität der gesetzlichen Auflagen wurden weniger häufig für Probleme verantwortlich gemacht als 2018.

„Ein gutes Zeichen“

Alles in allem halten Ahlers und Quispe Villalobos es für „ein gutes Zeichen“, dass betriebliches Gesundheitsmanagement zunehmend zum Einsatz kommt. Es gebe allerdings auch Schwachstellen: Kleinere Betriebe etwa hinkten deutlich hinterher. Generell sei der Nutzen zudem begrenzt, wenn der Prozess der Gefährdungsbeurteilung „nur halbherzig und bürokratisch abgearbeitet wird“ und nach der Analyse ins Stocken gerät, weil Verantwortliche vor nachhaltigen Änderungen zurückschrecken.

Zudem lasse die aktive Einbindung der Beschäftigten in der betrieblichen Praxis zu wünschen übrig, konstatieren die Forscherinnen. Das sei auch deshalb bedauerlich, weil Unternehmen angesichts von Arbeitskräfteengpässen ein besonderes Interesse an gesunden und zufriedenen Beschäftigten haben sollten.

Angesichts von Entgrenzung und Verdichtung von Arbeit durch neue Techniken und häufig zu geringe Personaldecken gibt es auch Initiativen, über stärkere gesetzliche Mitbestimmungsrechte den Gesundheitsschutz zu stärken. So sieht ein Entwurf für ein zeitgemäßes Betriebsverfassungsgesetz etwa vor, dass die Personalplanung in Unternehmen mit mehr als 20 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegt. Rechtsexperten und -expertinnen aus den DGB-Gewerkschaften, der Hans-Böckler-Stiftung sowie Jura-Professoren von den Universitäten Göttingen und Bremen haben das Reformkonzept im vergangenen Jahr vorgelegt.

Das Gastgewerbe braucht jetzt den Neustart: Die Löhne müssen rauf, die Arbeitszeiten runter

Die im Auftrag der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und der Hans-Böckler-Stiftung erstellte Studie „Branchenanalyse Gastgewerbe: Beschäftigungsentwicklung, Arbeitsbedingungen und Perspektiven vor dem Hintergrund von Corona und Mindestlohn“ belegt dringenden Handlungsbedarf in der Branche.

Viele Betriebe suchen händeringend nach Fachkräften und Personal. Dieser Trend droht sich noch weiter zu verschärfen: Mehr als ein Drittel (34 Prozent) der im Rahmen der Branchenanalyse befragten Beschäftigten sieht die berufliche Zukunft außerhalb des Gastgewerbes.

Zu niedrige Löhne, fehlende Wertschätzung, schlecht planbare und überlange Arbeitszeiten, Personalmangel und hohe psychische und körperliche Belastungen sind im Gastgewerbe Alltag. Mehr als 300.000 Beschäftigte haben die Branche in Zeiten der Corona-Pandemie verlassen. In ihrer Studie zeigen die beiden Wissenschaftler Katrin Schmid und Dr. Stefan Stracke, dass diese, in der Corona-Krise entstandene, Lücke vor allem von Minijobbenden und Ungelernten besetzt wurde.

„Trend hat sich nach Corona umgekehrt“

Katrin Schmid: „Vor der Corona-Pandemie gab es die erfreuliche Entwicklung, dass erstmals seit Jahren die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Stellen in der Branche stärker gewachsen war als die Zahl der prekären Minijobs. Seit Corona hat sich dieser Trend allerdings wieder umgekehrt: Fast zwei Drittel des jüngsten Beschäftigungszuwachs entfallen auf Minijobs. Mit Blick auf die Attraktivität der Branche ist das eine klare Fehlentwicklung.

Guido Zeitler, Vorsitzender der Gewerkschaft NGG: „Durch die Branche muss jetzt ein Ruck gehen. Das Gastgewerbe braucht den Neustart: Die Löhne müssen rauf, die Arbeitszeiten runter. Tarifverträge müssen endlich für alle gelten. Die Zeiten der Ausbeutung sind vorbei – wenn dieses Signal ausbleibt, werden wir wegen Personalmangel in Zukunft noch öfter vor geschlossenen Türen stehen. Mit einer Ausbildung in der Tasche müssen angehende Köchinnen und Restaurant- oder Hotelfachleute zum Start mit mindestens 3.000 Euro brutto rechnen können.

Die im Auftrag der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und der Hans-Böckler-Stiftung erstellte „Branchenanalyse Gastgewerbe“ ist online verfügbar.

 

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