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Weltfrauentag 2024 Der Gender Pay Gap bleibt hoch, Frauen sind auch bei Bonuszahlungen benachteiligt und der „Equal Pay Day“ ist überwiegend unbekannt
![Gender Pay Gap (Bild: picture alliance / photothek | Ute Grabowsky)](/fileadmin/_processed_/5/8/csm_Gender_Pay_Gap_6a4f33a429.jpg)
Gender Pay Gap in Deutschland bleibt auf hohem Niveau
Frauen haben im Jahr 2023 in Deutschland pro Stunde durchschnittlich 18 Prozent weniger verdient als Männer. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, erhielten Frauen mit durchschnittlich 20,84 Euro einen um 4,46 Euro geringeren Bruttostundenverdienst als Männer (25,30 Euro). Im langfristigen Vergleich sank der unbereinigte Gender Pay Gap zwar: Zu Beginn der Messung im Jahr 2006 betrug der geschlechterspezifische Verdienstabstand noch 23 Prozent. Seit 2020 verharrt er bei allerdings bei 18 Prozent.
Deutschland im EU-Vergleich im Hintertreffen
Mit diesem Wert gehört Deutschland im EU-Vergleich zu den Mitgliedsländern mit der größten Entgeltlücke. Der durchschnittliche Gender Pay Gap in allen EU-Ländern liegt bei 13 Prozent. Darauf weist das Beratungsunternehmen Mercer in seiner jährlich zum Equal Pay Day durchgeführten Analyse hin, für die neben offiziellen deutschen auch europaweite Statistiken untersucht wurden.
Doch auch innerhalb Deutschlands gibt es Unterschiede, wie die Daten von Destatis zeigen. Diesen zufolge ist der unbereinigte Gender Pay Gap in Ostdeutschland deutlich kleiner als in Westdeutschland: In Ostdeutschland lag er im Jahr 2023 bei 7 Prozent, in Westdeutschland bei 19 Prozent (2006: Ostdeutschland: 6 Prozent, Westdeutschland: 24 Prozent). Unterschiede gibt es auch in den Altersgruppen: Der unbereinigte Gender Pay Gap liegt bei den 30-Jährigen noch bei 8 Prozent. Am höchsten fällt er bei Beschäftigten im Alter zwischen 57 und 61 Jahren mit 27 Prozent aus.
Bereinigter Gender Pay Gap bei 6 Prozent
Der unbereinigte GPG kann laut Destatis zu rund 64 Prozent auf strukturelle Unterschiede unter anderem hinsichtlich Branchenzugehörigkeit, Art des Berufs und Anforderungsniveau der Erwerbstätigkeit von Frauen und Männern zurückgeführt werden. Die verbleibenden 36 Prozent des Verdienstunterschieds repräsentierten den bereinigten Gender Pay Gap von 6 Prozent, der bei vergleichbarer Qualifikation, Tätigkeit und Erwerbsbiografie bleibt. Da hier entgeltrelevante Einflüsse wie Erwerbsunterbrechungen aufgrund von Schwangerschaft, der Geburt von Kindern oder der Pflege von Angehörigen nicht berücksichtigt sind, sei der bereinigte Gender Pay Gap als Obergrenze für Verdienstdiskriminierung durch Arbeitgeber zu verstehen.
Druck durch EU-Richtlinien und BAG
Mercer macht im Rahmen seiner o.g. Analyse deutlich, dass der Druck auf deutsche Unternehmen, Lohnungleichheit zu bekämpfen, auch durch kürzlich eingeführte EU-Richtlinien steige. Dies seien die „EU Pay Transparency Directive“, die am 6. Juni 2023 in Kraft trat, und die EU-„Corporate Sustainability Reporting Directive“(CSRD), die im Januar 2023 eingeführt wurde. Auch ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts, das besagt, dass der Verweis auf Verhandlungsgeschick kein legitimer Grund für Gehaltsunterschiede sei, erhöhe den Handlungsbedarf, sich intensiv mit den eigenen Gehaltstrukturen auseinanderzusetzen.
Faire(re) Gehälter durch klare Strukturen
Was können Unternehmen tun? Das Beratungsunternehmen macht in diesem Zusammenhang auf die Ergebnisse seines „Mercer Total Remuneration Survey“ aufmerksam, aus dem es einen wichtigen Baustein für faire Gehälter ableitet: klare Job- und Grading-Strukturen. In Deutschland wurden im Rahmen dieser Studie die Gehaltsdaten von 150 Unternehmen analysiert, die über definierte Job- und Gehaltsstrukturen verfügen und ihre Jobs systematisch bewertet haben. Ergebnis: Der durchschnittliche Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern liegt mit 9,2 Prozent deutlich unter dem deutschen und europäischen Schnitt. Der Großteil (6,2 Prozent) des durchschnittlichen Gehaltsunterschieds kann auf Basis von Faktoren wie Betriebszugehörigkeit, Alter und Job-Familie erklärt werden. Damit bleibe ein Rest von 3 Prozent, der nicht erklärt werden kann (im Vergleich zu 6 Prozent gesamtwirtschaftlich).
![Gender Pay Gap (Grafik: Mercer)](/fileadmin/_processed_/3/0/csm_Personalfokus_Gender_Pay_Gap_Mercer_81a5cae49e.png)
ifo Institut: Frauen auch bei Bonuszahlungen benachteiligt
Die Lohnlücke bei Frauen existiert in Deutschland, Österreich und der Schweiz auch bei Bonuszahlungen, nicht nur beim Grundgehalt. Das zeigen Analysen des ifo Instituts und der Unternehmensberatung Mercer für über 270 Unternehmen in den drei Ländern. In Deutschland bekommen Frauen bei Bonuszahlungen durchschnittlich 6,1 Prozent weniger. In Österreich beträgt die Lücke zwischen Männern und Frauen 7,2 Prozent. Die Unternehmen in der Schweiz zahlen Frauen durchschnittlich 5,2 Prozent weniger Bonus.
„Die geschlechtsspezifische Lohnlücke bei den Bonuszahlungen ist deutlich größer als beim Grundgehalt. Wegen dieser großen Unterschiede fällt die Lücke beim Gesamtgehalt nochmals deutlich größer aus“, sagt ifo-Forscherin Michaela Paffenholz. In Deutschland beträgt die Lohnlücke bei den untersuchten Unternehmen zwischen Männern und Frauen beim Grundgehalt 2,7 Prozent. Durch Bonuszahlungen erhöht sie sich auf 3,0 Prozent beim Gesamtgehalt. In Österreich beträgt die Lohnlücke beim Grundgehalt 2,3 Prozent. Durch Bonuszahlungen vergrößert sie sich auf 2,9 Prozent. In der Schweiz sind es 1,2 Prozent beim Grundgehalt; durch Bonuszahlungen vergrößert sie sich beim Gesamtgehalt auf 1,6 Prozent.
Grundlage der Ergebnisse sind Daten der Unternehmensberatung Mercer. Für die Auswertung wurden die Gehaltsstrukturen von Frauen und Männern in mehr als 270 Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz verglichen. Bei den ausgewiesenen Zahlen handelt es sich um bereinigte Lohnlücken, bei denen beobachtbare Faktoren wie beispielsweise die Beschäftigungsdauer berücksichtigt wurden. Größere Firmen sind in den von Mercer gesammelten Marktdaten überrepräsentiert. Daher sind die Untersuchungen nicht repräsentativ für alle Unternehmen in der DACH-Region.
Equal-Pay-Day weitgehend unbekannt
Die deutliche Mehrheit der Deutschen kann mit beiden Begriffen „Equal Pay Day“ und „Gender Pay Gap“ nur wenig bis gar nichts anfangen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Arbeitgeber-Vergleichsplattform kununu, für die durch das Marktforschungsinstitut bilendi bundesweit 1.058 Beschäftigte befragt wurden. In dieser geben fast zwei Drittel der Befragten (64 Prozent) an, noch nie von einem „Gender-Pay-Gap“ gehört zu haben. Der „Equal-Pay-Day“ ist insgesamt 56 Prozent der Beschäftigten unbekannt. Bei Frauen ist der entsprechende Anteil mit 59 Prozent sogar noch höher als bei Männern (54 Prozent). Das Datum des Equal-Pay-Day ist entsprechend auch nur 6 Prozent der Befragten geläufig.
Drei Viertel der Frauen bemängeln fehlendes Bewusstsein für Gehaltsunterschiede
Trotz des vergleichsweise geringen Bekanntheitsgrads der Begrifflichkeiten rund um die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen bemängeln 63 Prozent der Studienteilnehmenden genau dieses fehlende Bewusstsein. Besonders Frauen stehen mit einem Anteil von 75 Prozent auf dem Standpunkt, dass das Wissen um die ungerechte Gehaltsverteilung zwischen den Geschlechtern in der Gesellschaft nicht ausreichend ausgeprägt sei, während „nur“ 50 Prozent der Männer dies bemängeln.
„Der Equal-Pay-Day markiert symbolisch den Tag, an dem Frauen in Deutschland im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen erst anfangen, Geld zu verdienen. Unsere Zahlen bestätigen die des Statistischen Bundesamtes, welche besagen, dass die aktuelle Einkommensdifferenz bei Männern und Frauen bei knapp 18 Prozent liegt. Hier ist es offensichtlich dringend notwendig noch mehr Aufklärungsarbeit zu leisten. Nur über Gehaltstransparenz und öffentlich zugängliche Daten kann es letztlich gelingen, die ungerechte Einkommenssituation in Deutschland nachhaltig zu verändern“, so Nina Zimmermann, CEO bei kununu zu den Ergebnissen.
74 Prozent der weiblichen Beschäftigten wünschen sich Gehaltstransparenz
Die weit überwiegende Mehrheit der Befragten würde die tatsächliche Lohnsituation in ihrem gegenwärtigen Unternehmen gerne genauer kennen. So würden es 74 Prozent der Frauen begrüßen, wenn Arbeitgeber die realen Gehaltszahlen im Unternehmen offenlegen, damit mögliche Unterschiede zwischen Beschäftigtengruppen sichtbar werden. Bei den Männern liegt der Anteil der daran Interessierten nur bei 51 Prozent. Über beide Geschlechter hinweg kommen die kununu-Forscher auf einen Prozentsatz von 63 Prozent in dieser Frage.
Was die aktuelle Situation hinsichtlich der Gehaltsunterschiede auf dem deutschen Arbeitsmarkt betrifft, sind die allermeisten Beschäftigten skeptisch. 88 Prozent aller Befragten sind überzeugt, dass es allgemein in deutschen Unternehmen derartige genderspezifische Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt. Etwas defensiver sind die Studienteilnehmenden allerdings, wenn es um den Zustand diesbezüglich bei ihrem aktuellen Arbeitgeber geht. Hier glauben „nur noch“ 40 Prozent der weiblichen sowie 30 Prozent der männlichen Beschäftigten, dass Männer explizit im Gehaltsvorteil sind. In ihrem gegenwärtigen Arbeitsverhältnis sehen sich indes 30 Prozent der befragten Frauen persönlich im Einkommensnachteil gegenüber ihren männlichen Kollegen. Diese Sicht teilen nur 7 Prozent der Männer für sich selbst.
Zur Studie: Der Befragungszeitraum lag im Februar 2024. 50 Prozent der 1.058 Befragten waren männlich, 50 Prozent weiblich. Das Durchschnittsalter betrug 44,9 Jahre. Die Teilnehmenden hatten je zur Hälfte einen akademischen und einen nicht-akademischen Hintergrund.
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