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Betriebliches Gesundheitsmanagement Die Macht der Gesundheitskompetenz: Wie Unternehmen von informierten Mitarbeitenden profitieren

In vielen Unternehmen sind Angebote zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM), die auf Stressbewältigung, Bewegung und Ergonomie am Arbeitsplatz fokussieren, bereits etabliert. Doch gerade im Homeoffice, wo viele dieser Annehmlichkeiten fehlen, zeigt sich, dass solche Maßnahmen oft nicht ausreichen. Prof. Dr. med. Kai Kolpatzik erklärt, warum Obstkörbe und Fitnessangebote nicht genügen, um die Gesundheit von Mitarbeitenden zu verbessern und warum es sich stattdessen lohnt, in die individuelle Gesundheitskompetenz zu investieren.

Viele Beschäftigte, die am Schreibtisch arbeiten, leiden unter Rückenschmerzen. Ein ergonomischer Arbeitsplatz kann Abhilfe schaffen und sollte auch im Homeoffice Standard sein. (Bild: picture alliance / dpa-tmn | Christin Klose)

„An apple a day, keeps the doctor away” – diese Empfehlung kennt wohl jeder. Doch neben einer gesunden Ernährung gibt es viele weitere Gesundheitsthemen, die Beschäftigte beachten sollten, um privat und beruflich leistungsfähig zu sein und ein langes, gesundes Leben zu führen. Die individuelle Gesundheitskompetenz, also die Fähigkeit, relevante Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen, zu bewerten und anzuwenden, spielt dabei eine entscheidende Rolle. Sie beeinflusst maßgeblich das persönliche Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit im Beruf.

Milliardenverluste durch kranke und unwissende Beschäftigte

Studien belegen, dass über 60 Prozent der Deutschen nur eine unzureichende Gesundheitskompetenz besitzen.[1] Dies führt zu einem riskanteren Gesundheitsverhalten, vermehrten Krankenhausaufenthalten, häufigeren und längeren Arbeitsunfähigkeiten und einem höheren frühzeitigen Sterberisiko. Die Folgen sind nicht nur für die Betroffenen spürbar, sondern haben auch erhebliche ökonomische Auswirkungen auf die deutsche Volkswirtschaft. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass fehlende oder geringe Gesundheitskompetenz zu Mehrausgaben im Gesundheitssystem von drei bis fünf Prozent führen. Das entspricht Mehrkosten von 14 bis 23 Milliarden Euro in Deutschland.

Auch Unternehmen sind bereits unmittelbar betroffen. Im Jahr 2023 wurde ein neuer Höchststand bei Krankenständen erreicht.

Jüngste Erhebungen zu Jahresbeginn zeigen, dass hier kein Abwärtstrend zu erkennen ist. Demnach fehlte mehr als ein Drittel aller Beschäftigten mindestens einmal im Quartal wegen einer Krankschreibung.[2] In Verbindung mit dem akuten Fachkräftemangel müssen sich Unternehmen daher intensiv mit dem Thema Mitarbeitendengesundheit auseinandersetzen und Lösungen entwickeln.

Im Kern ansetzen: Gesundheitskompetenz von Mitarbeitenden stärken

Es gibt eine Vielzahl von BGM-Maßnahmen, die von Unternehmen bereits erfolgreich umgesetzt werden, um Mitarbeitende für Gesundheitsthemen zu sensibilisieren und ausreichend zu informieren. Die Angebote reichen von ergonomischer Arbeitsplatzgestaltung über Betriebssport und den obligatorischen Obstkorb bis hin zu psychosozialer Beratung. Auch Schulungen und Workshops zu Gesundheitsthemen sowie Informationen in Form von Flyern und Broschüren sind gängige Maßnahmen.

Obwohl viele dieser Angebote sinnvoll sind, adressieren sie nicht unmittelbar das Kernproblem.

Beschäftigte, die über wenig Wissen zum Thema Gesundheit verfügen, fehlt oft das Bewusstsein dafür, welche Angebote für sie persönlich relevant sind. Die Digitalisierung und die enorme Zunahme von falschen oder fehlerhaften sowie interessensgeleiteten Gesundheitsinformationen im Internet verschärfen das Problem zusätzlich. Die WHO spricht daher von einer „Infodemie“.[3]

Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz: Herausforderungen durch Homeoffice

Umso wichtiger ist es, in die Gesundheitsbildung der eigenen Mitarbeitenden zu investieren, um deren Gesundheitskompetenz zu stärken. Die aufgeführten Maßnahmen im BGM inklusive der Maßnahmen im Betrieblichen Eingliederungsmanagement und zum Arbeitsschutz lassen sich besonders gut in Präsenz am Arbeitsplatz umsetzen. Viele Beschäftigte arbeiten jedoch auch oft im Homeoffice. Personal- und BGM-Verantwortliche stehen daher vor der Aufgabe, auch dort die Gesundheit der Mitarbeitenden durch entsprechende Angebote zu fördern.

Unbestritten ist, dass das Arbeiten im Homeoffice für beide Seiten viele Vorteile bietet, zum Beispiel mehr Flexibilität im Alltag sowie Zeit- und Kostenersparnis. Sie birgt aber auch gesundheitliche Risiken.

Unsichtbare Risiken der Remote Arbeit

Eine Studie der DEKRA zeigt, dass mehr als ein Drittel der Befragten (32 %) im Homeoffice länger oder zu untypischen Zeiten arbeiten, wie zum Beispiel abends oder am Wochenende. Jeder dritte Befragte klagt zudem über gesundheitliche Beschwerden, darunter Rücken- und Kopfschmerzen, die häufig durch Verspannungen aufgrund eines unergonomischen Arbeitsplatzes oder Bewegungsmangel entstehen.[4] Auch mentale Belastungen sind ein Problem. Soziale Isolation, schwierige Kontrolle der Arbeitszeit und erhöhter Arbeitsdruck können dazu führen, dass Mitarbeitende sich häufiger krankmelden.

Um die genannten Risiken zu minimieren, sollten Personal- und BGM-Verantwortliche entsprechende gesundheitsfördernde Rahmenbedingungen für die Heimarbeit schaffen. Dazu können Leitlinien und finanzielle Unterstützung für die Einrichtung ergonomischer Arbeitsplätze ebenso zählen wie Möglichkeiten zum digitalen Austausch zwischen Kolleginnen und Kollegen.

Die Problematik liegt jedoch auf der Hand: Unternehmen sollten und müssen für diese Themen sensibilisieren.

Eine Steigerung der Gesundheitskompetenz der Mitarbeitenden bietet dabei die Möglichkeit, in eine Schlüsselqualifikation zu investieren. Schlüsselqualifikation insofern, dass sich die Gesundheitskompetenz auf alle drei Bereiche des BGM, das betriebliche Eingliederungsmanagement, den Arbeitsschutz und die betriebliche Gesundheitsförderung auswirkt. Davon profitieren die Mitarbeitenden sowohl im Homeoffice wie auch am Arbeitsplatz. Maßnahmen in diesen Bereichen werden damit besser angenommen und führen im Bereich der Gesundheit und des Krankheitsmanagements in ein selbstbestimmtes und verantwortungsvolles Handeln.

Digitale Gesundheits-Apps als Chance im BGM

Eine vielversprechende Möglichkeit, um die Gesundheit der Mitarbeitenden aktiv und vor allem nachhaltig zu verbessern, stellen digitale Gesundheits-Apps. Sie ermöglichen es Beschäftigten, jederzeit und ortsunabhängig auf Gesundheitsinformationen zuzugreifen. Wichtig ist, dass die Inhalte auf wissenschaftlichen Quellen basieren, um zuverlässige Informationen bereitzustellen und die Risiken der Infodemie zu minimieren. Mit Hilfe von KI können die Angebote zudem personalisiert und durch Gamification-Elemente ergänzt werden, die die Anwendung besonders unterhaltsam und nutzerfreundlich machen.

Sinnvoll ist es zudem, wenn das Nutzungsverhalten im Unternehmen anonymisiert ausgewertet werden kann.

So erhalten Unternehmen einen genauen Überblick über die aktuellen Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden und können die Kennzahlen zur gezielten Weiterentwicklung ihrer betrieblichen Gesundheitsförderungsmaßnahmen nutzen. Ein Beispiel für eine solche Web-App auf dem Markt ist VIER400, die evidenzbasierte Gesundheitsinformationen einfach und verständlich zur Verfügung stellt und damit die Gesundheitskompetenz der Mitarbeitenden gezielt steigert.

Fazit: Investitionen in Prävention lohnen sich

In Zeiten eines umkämpften Arbeitnehmermarktes ist ein effektives betriebliches Gesundheitsmanagement nicht nur für die Gesundheit der Mitarbeitenden unerlässlich, sondern auch für das Image und die Attraktivität eines Unternehmens. So sind informierte Mitarbeitende in der Regel gesünder, fühlen sich körperlich und seelisch wohler und sind dadurch produktiver und leistungsfähiger. Darüber hinaus können sich präventive Maßnahmen positiv auf die Mitarbeitendenbindung und -zufriedenheit auswirken, da sich die Beschäftigten wertgeschätzt und unterstützt fühlen. Ein ganzheitliches BGM, das die Gesundheitskompetenz der Mitarbeitenden stärkt, kann einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil darstellen.

 

Über die Person

Prof. Dr. med. Kai Kolpatzik ist seit Juni 2023 Geschäftsführer der Berlin Health Media (BHM), einem Tochterunternehmen des Wort & Bild Verlags – bekannt für Gesundheitsmedien wie die Apotheken Umschau. Der Arzt und Gesundheitswissenschaftler entwickelt und realisiert gemeinsam mit einem Expertenteam digitale Lösungen und Produkte für das betriebliche Gesundheitsmanagement. Ein Ergebnis dieser Arbeit ist VIER400, der Gesundheitsnavigator, der evidenzbasierte Informationen und Praxistipps für... mehr

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