Personalfokus Das ungenutzte Potenzial am Arbeitsmarkt: Generation 50+

Auch wenn die Anzahl der offenen Stellen in Deutschland auf dem niedrigsten Stand seit dem dritten Quartal 2021 ist, bleiben Fachkräftemangel und demografischer Wandel weiterhin die beherrschenden Themen auf dem Arbeitsmarkt. Eine Umfrage, die Appinio im Auftrag des Jobs-Netzwerks XING unter 1.000 Teilnehmern im Alter ab 50 Jahren (Durchschnittsalter 65,2 Jahre) durchgeführt hat, zeigt, dass mehr als die Hälfte der Generationen 50+ (53 Prozent) dem Arbeitsmarkt auch nach dem offiziellen Renteneintrittsalter noch zur Verfügung stehen will und kann. Die Frage, ob sie theoretisch in der Lage wären, in diesem Alter noch zu arbeiten, beantworten insgesamt 62 Prozent der Befragten mit „Ja“.
Bis 2035 wird der deutsche Arbeitsmarkt um mindestens 1.000 Beschäftigte pro Werktag schrumpfen, da deutlich mehr Menschen in Rente gehen als neu dazukommen. Das Ausscheiden der geburtenstarken älteren Jahrgänge, die zahlenmäßig die Leistungsträger im Arbeitsmarkt sind, stellt nicht nur viele Unternehmen und Branchen, sondern auch die Volkswirtschaft vor Probleme. Zur Bekämpfung des sich zunehmend verschärfenden Arbeits- und Fachkräftemangels wird in der politischen Landschaft immer wieder ein späterer Eintritt ins Rentenalter beziehungsweise eine Beschäftigung auch darüber hinaus ins Spiel gebracht.
Wie Arbeitnehmer selbst über das Thema denken, hat eine Umfrage von XING unter 1.000 Personen mit einem Durchschnittsalter von 65,2 Jahren herausgefunden. Das Ergebnis: Die Mehrheit der Befragten (62 Prozent) wäre theoretisch zum Weiterarbeiten in der Lage, und mit 53 Prozent gibt gut jede bzw. jeder zweite Beschäftigte an, über den Renteneintrittszeitpunkt hinaus sowohl noch arbeiten zu können als auch zu wollen.
In Zeiten von Fachkräftemangel können wir es uns nicht leisten, dieses Potenzial nicht zu nutzen“,
sagt XING Arbeitsmarktexperte Dr. Julian Stahl. „Gerade in Engpassbranchen ist die Erfahrung, die ältere Beschäftigte mitbringen, unverzichtbar. Mit attraktiven Angeboten, wie zum Beispiel flexiblen Arbeitszeitmodellen insbesondere für Ältere, können Unternehmen Engpässe abfedern und dadurch langfristig wettbewerbsfähig bleiben.“
Flexible Teilzeitmodelle machen Arbeitgeber attraktiv
48 Prozent der Beschäftigten planen, zum regulären Renteneintrittsalter von 65 bzw. 67 Jahren in den Ruhestand zu gehen. Diejenigen, wie weiterarbeiten könnten und wollten, würden dabei eine wöchentliche Arbeitszeit von elf bis 20 Stunden favorisieren (34 Prozent), sechs bis zehn Wochenstunden sind für 25 Prozent attraktiv. Einen Job mit reduzierter Arbeitszeit von 21 bis 30 Stunden können sich noch 17 Prozent vorstellen. Eine Vollzeitstelle allerdings würden nur noch rund zwölf Prozent antreten wollen.
Geld ist nicht die einzige Motivation
Auf die Frage hin, warum sie weiterarbeiten möchten (Mehrfachnennungen möglich), gaben 63 Prozent finanzielle Gründe an. Für fast genauso viele Befragte (56 Prozent) ist der Grund allerdings ein ganz anderer: Sie wollen weiterhin im Kontakt mit Menschen sein. 42 Prozent können sich nicht vorstellen, die Hände in den Schoß zu legen, und 33 Prozent sehen Arbeit auch nach der Rente als ein Mittel zur Selbsterfüllung.
Bei vielen ist auch Experimentierfreude mit im Spiel. Gefragt, welche Tätigkeit sie weiterhin beruflich ausüben wollen (Mehrfachnennungen möglich), sagen 29 Prozent derjenigen, die weiter arbeiten würden, dass sie beim gleichen Arbeitgeber bleiben möchten. Aber jeweils rund 24 Prozent möchten wahlweise bei einem neuen Arbeitgeber etwas ganz anderes machen, freiberuflich arbeiten oder in einem Ehrenamt aktiv sein. Nur ein Viertel (25 Prozent) gibt an, nach dem Antritt der Rente „überhaupt nicht gern“ weiterarbeiten zu wollen. Für die Mehrheit derjenigen, die sich eine Berufstätigkeit über den Renteneintritt hinaus nicht vorstellen können, sind gesundheitliche Probleme (48 Prozent) der ausschlaggebende Grund. 32 Prozent sehen keine Notwendigkeit, und 30 Prozent wollen ihren Ruhestand ohne berufliche Tätigkeit genießen.
Länger arbeiten liegt im Trend
Mit der Bereitschaft, länger zu arbeiten, liegen die Befragten der XING Diversity-Studie im Trend. Denn dass die Altersgrenze für Beschäftigung zunehmend steigt, zeigen auch die Zahlen des Instituts für Wirtschaftsforschung: Lag der Anteil der Berufstätigen zwischen 60 und 64 Jahren 2003 noch bei 17 Prozent, hatte er 2023 um 38 Prozentpunkte auf 55 Prozent zugelegt. „Es liegt nicht nur am Gesetzgeber, flexible Regelungen für den Renteneintritt zu ermöglichen, sondern auch an Unternehmen, älteren Arbeitnehmern die richtigen Angebote zu machen“, sagt Dr. Julian Stahl.
Dazu gehört ein frühzeitiger Dialog zur Möglichkeit der Weiterbeschäftigung über das Renteneintrittsalter hinaus, inklusive einer Aufklärung über Zuverdienstmöglichkeiten neben der Rente. Wenn der demografische Wandel erst einmal im vollen Gang ist, kann das Angebot flexibler Arbeitszeitmodelle und Remote Work für Arbeitgeber zu einem wirklichen Wettbewerbsvorteil werden.“
Für die XING Diversity Studie 2024 befragte Appinio im März 2024 insgesamt 1.000 Personen ab 50 Jahren (Durchschnittsalter 65,2 Jahre) in Deutschland im Rahmen einer repräsentativen Online-Umfrage.
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