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Vielfalt auf Top-Positionen Come in and get out: Das Rätsel um den Exodus von Frauen aus Führungsrollen

„Ich bin dann mal weg." Zu viele Frauen auf Top-Positionen verlassen das Unternehmen frühzeitig. (Bild: picture alliance / dpa-tmn | Christin Klose)
Eins zu zwei.
Hierbei handelt es sich nicht um ein Fußballergebnis, sondern um ein sehr ungünstiges Verhältnis: Für jede Frau, die in eine Direktorinnenposition befördert wird, verlassen zwei andere Direktorinnen das Unternehmen.
Überrascht Sie das? Bestimmt, denn die Schlagzeilen, die man zu diesem Thema kennt, beschäftigen sich mehr mit folgender Nachricht: 25 Prozent der Führungspositionen in Deutschland werden von Frauen besetzt (Durchschnittswert). Es gibt Bewegung beim Thema Einstellungen und Beförderung von Frauen in Top-Positionen, endlich!
Allerdings ist dieser angebliche Fortschritt nicht nur zu langsam, sondern auch gar nicht so beeindruckend, wie er scheint. Trotz der Zunahme von Frauen in Führungspositionen verlassen eben jene die Spitzenpositionen in alarmierender Rate wieder. Warum ist das so?
Wir fassen Ihnen hier die folgenden Gründe und Dynamiken zusammen, die wir in unserer täglichen Beratung von mehr als 100 Unternehmen in Deutschland beobachten – und warum Sie das zwingend interessieren sollte:
- Die „gläserne Decke" und implizite Vorurteile: Sie bedeuten unsichtbare Barrieren, die Frauen den Aufstieg erschweren. Frauen in Führungspositionen erleben oft widersprüchliche Erwartungen und Botschaften. Ihre Führungsstile werden anders wahrgenommen und bewertet als die ihrer männlichen Kollegen. Dies beeinflusst die Karrieren von Frauen negativ und führt zu einer Unterbewertung ihrer Beiträge und zum Ausschluss von wichtigen Prozessen. Besonders dramatisch: Women of Color (WoC) in Führungspositionen sehen sich oft mit noch stärkeren Vorurteilen und geringerer Unterstützung konfrontiert.
- Vereinbarkeit: Frauen in Führungspositionen kämpfen oft mit der ungleichen Verteilung von Familienpflichten. Die Hauptprobleme liegen in der traditionellen Rollenverteilung, der mangelnden Flexibilität in Unternehmen und der Doppelbelastung durch Beruf und Familie. Eine familienfreundliche Arbeitsumgebung für Eltern beinhaltet Initiativen wie flexible Arbeitsmodelle, Unterstützung bei der Kinderbetreuung, Homeoffice-Möglichkeiten, klare Kommunikation und Absprachen. Mitarbeitende, die Angehörige pflegen, sind nicht per se zeitlich und mobil weniger flexibel, brauchen aber womöglich mehr Vorlauf für die Planung.
- Kein Zugang zu informellen Netzwerken: Gutes Mentoring ist für Frauen in Führungspositionen entscheidend, da sie oft von informellen Netzwerken und wichtigen Informationen ausgeschlossen werden. Erfolgreiche Mentoring-Programme können diesen Unterschied ausgleichen und positive Auswirkungen haben.
Die isolierende Natur von Top-Positionen wirkt sich besonders auf Frauen aus, da es an weiblichen Vorbildern in höheren Ebenen mangelt. Es ist einsam an der Spitze:
Oft starten Frauen als erste oder einzige Frau in der jeweiligen Position und die Erwartungen sind hoch: Alle Vielfaltsthemen behandeln, egal ob das zum eigentlichen Job gehört. Beweisen, dass auch Frauen die notwendigen Fähigkeiten haben.
Dabei werfen Unternehmen Schubladendenken und unfaire Prozesse nicht über Bord, sobald eine Frau in eine Spitzenposition kommt.
Frauen in Führungspositionen sind oft doppelten Standards ausgesetzt und können dieses Problem nicht selbst lösen, hier müssen Unternehmen langfristig Stereotype abbauen und Chancengerechtigkeit ermöglichen.
Und warum sollte das alle Geschäftsführenden interessieren? Fast zwei Drittel aller Frauen in Vorständen wurden extern rekrutiert, und 44 Prozent der Männer. Das bedeutet:
Unternehmen erkennen das interne Potenzial nicht. Und das ist ein Problem, denn: Frauen haben eine Wahl, sie sind extrem gefragt – gerade in Spitzenpositionen.
Und: Sie entscheiden sich dann häufiger für Unternehmen, in denen es bereits andere Frauen in Führungspositionen gibt. Den riesigen Kraftakt, die erste oder einzige Frau zu sein, wollen immer weniger auf sich nehmen – weil sie nicht müssen.
Wenn wir unsere talentierten Frauen nicht fördern und ihnen nicht die gleichen Chancen ermöglichen wie ihren männlichen Kollegen, dann werden wir sie verlieren – in Zeiten des Fachkräftemangels eine Katastrophe.
Ja, es gibt positive Trends für Frauen in Führungspositionen. Aber es braucht dringend eine nachhaltige Weiterentwicklung der traditionellen Arbeitsdynamik, die zur Gleichstellung der Geschlechter beiträgt. Es ist essenziell, dass Unternehmen die spezifischen Herausforderungen anerkennen und angehen, mit denen Frauen in Führungsrollen konfrontiert sind. Durch das Schaffen inklusiver und unterstützender Arbeitsumgebungen können wir nicht nur Frauen an der Spitze halten, sondern auch ihre Erfolge maximieren. Eine diversitätsfördernde Führungsebene ist hierfür unerlässlich.
Also, gehen wir es an!
Über die Person
Alex Gessner ist Geschäftsführerin und COO in der DE&I Beratung ACI Consulting GmbH. Sie war 14 Jahre lang als leitende Angestellte im Produkt- und Technologiebereich in der Finanzbranche tätig, bei American Express und zuletzt bei Solaris, wo sie für innovative und bahnbrechende Projekte im Bereich des Digital und open bankings verantwortlich war. Sie war oft die erste und einzige Frau in Produkt- und Tech-Organisationen. Von Chatbots über Buy Now Pay Later, Produktpräsentationen in London und... mehr
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