National Bureau of Economic Research ChatGPT: Hohe Nutzung, geringe Auswirkungen

Die Studie stammt vom National Bureau of Economic Research, einer gemeinnützigen US-Organisation, und wertet zwei groß angelegte Umfragen aus den Jahren 2023 und 2024 aus. Befragt wurden rund 25.000 Beschäftigte in Dänemark an etwa 7.000 Arbeitsplätzen aus elf besonders KI-relevanten Berufsgruppen, darunter Buchhaltung, Kundenservice, Finanzberatung, IT-Support, Journalismus, Jura, Marketing, Softwareentwicklung und Lehre. Die Umfragedaten wurden mit offiziellen Verwaltungsdaten zu Arbeitszeiten, Löhnen und Beschäftigungsstatus verknüpft.
Selbsteinschätzung
Zentrale Grundlage zur Berechnung der Zeitersparnis waren die Selbsteinschätzungen der Befragten: Sie gaben an, wie viel Zeit sie an Tagen sparten, an denen sie KI-Chatbots einsetzten. Diese Angaben wurden mit der selbstberichteten Nutzungsfrequenz kombiniert, um eine durchschnittliche Ersparnis als Anteil der gesamten Arbeitszeit zu berechnen.
Ein systematisches, aufgabenbezogenes Zeit-Tracking – das potenziell verlässlichere Ergebnisse liefern könnte – wurde nicht durchgeführt. Auch mögliche Verzerrungen durch zurückhaltende oder strategisch motivierte Selbstauskünfte der Beschäftigten thematisiert die Studie nicht explizit.
Verbreitung weit fortgeschritten
Der Einsatz von ChatGPT und vergleichbaren Tools ist in vielen Unternehmen angekommen – das bestätigen auch frühere Studien. Laut der Erhebung haben 64 Prozent der Befragten bereits beruflich mit KI-Chatbots gearbeitet.
In Betrieben mit gezielter Förderung liegt der Anteil sogar bei 83 Prozent. Etwa 38 Prozent der Unternehmen setzen eigene, teils individuell angepasste Chatbots ein. 30 Prozent der Mitarbeitenden haben an Schulungen teilgenommen.
Diese Initiativen zeigen Wirkung: Die Nutzungslücke zwischen Männern und Frauen schrumpft bei gefördertem Einsatz von zwölf auf fünf Prozentpunkte. Dennoch bleibt der Zeitgewinn gering – im Schnitt sparen User gerade einmal 2,8 Prozent ihrer Arbeitszeit.
Löhne und Arbeitszeiten bleiben stabil
Die Studie analysiert auch die Entwicklung von Arbeitszeit und Vergütung vor und nach der Einführung von ChatGPT im November 2022. Dabei zeigen sich keine nennenswerten Unterschiede zwischen jenen, die KI nutzen, und jenen, die es nicht tun – selbst bei intensiver Anwendung oder betrieblicher Förderung.
Die errechneten Konfidenzintervalle schließen durch KI-Nutzung ausgelöste Lohnveränderungen von mehr als einem Prozent aus. Auch auf Ebene ganzer Unternehmen lassen sich keine Effekte auf Lohnsummen, Arbeitszeiten oder Mitarbeiterbindung feststellen.
Neue Tätigkeiten ohne großen ökonomischen Effekt
Zwar berichten viele Befragte von qualitativen Verbesserungen wie gesteigerter Kreativität oder höherer Arbeitsqualität. Auch entstehen neue Aufgaben: 17 Prozent der User übernehmen zusätzliche Tätigkeiten, etwa im Bereich KI-Integration oder Kontrolle. Selbst unter Nicht-Nutzenden berichten rund fünf Prozent von neuen Verantwortungsbereichen, zum Beispiel der Prüfung KI-erstellter Inhalte.
Diese Entwicklungen deuten auf Veränderungen im Arbeitsalltag hin – wirken sich aber bisher nicht auf klassische ökonomische Größen wie Beschäftigung, Lohnhöhe oder Arbeitszeit aus.
Technologie mit Verzögerungseffekt
Die Autoren der Studie verweisen aber auch auf das Konzept der „Productivity J-Curve“. Demnach entfalten technologische Innovationen ihr volles wirtschaftliches Potenzial erst zeitverzögert – wenn Unternehmen ihre Prozesse tiefgreifend anpassen.
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