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Arbeitswelt im KI-Zeitalter Brauchen wir ein bedingungsloses Grundeinkommen oder eine KI-Steuer?

Künstliche Intelligenz (KI oder AI) ist in aller Munde und wir sind dabei, dass 84 Millionen Deutsche – selbst ernannte – KI-Experten werden. Was aber bedeutet diese rasante technologische Entwicklung für die „einfachen“ Berufe? Ist Upskilling ein Allheilmittel? Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Gewerkschaften stehen vor neuen Herausforderungen. Personalberater und Digitalisierungsexperte Harald R. Fortmann gibt einen Überblick und zeigt mögliche Ansätze, wie die Transformation in einer KI dominierten Arbeitswelt gelingen kann.

Roboter (Bild: picture alliance / CHROMORANGE | CHROMORANGE)

Eine KI-dominierte Arbeitswelt bringt Herausforderungen wie den Anpassungsbedarf von Fähigkeiten mit sich. (Bild: picture alliance / CHROMORANGE | CHROMORANGE)

KI-basierte Anwendungen und Tools erobern den Arbeitsalltag. Laut einer aktuellen McKinsey Studie sind bereits 79 Prozent der Befragten mit generativer KI in Berührung gekommen, und 22 Prozent nutzen sie sogar regelmäßig bei der Arbeit. Chatbots und virtuelle Assistenten ersetzen schon Kundendienstmitarbeitende – effizient, kostengünstig und lernfähig.

Im Einzelhandel entdeckt man immer häufiger statt Kassierenden (KI-basierte) Selbstbedienungskassen und automatisierte Check-out-Systeme. Lkw-Fahrer könnten zukünftig durch autonome Fahrzeuge arbeitslos werden und selbst die Mitarbeitenden der Müllabfuhr wurden in erfolgreichen Tests durch intelligente Roboter ersetzt.

Doch der Schluss trügt – nicht nur in den sogenannten „einfachen“ Berufen hält KI-Einzug. Auch Ärzte werden wohl demnächst von KI-basierten Diagnosen unterstützt und vor allem Rechtsanwälte profitieren von schneller, effizienter Rechtsprüfung – aber schaffen sich damit auch größtenteils selbst ab. Fest steht: Die Veränderungen werden noch schneller auf uns zukommen als die der digitalen Transformation, die bis heute viele Arbeitnehmende und Arbeitgeber belasten.

Macht KI menschliche Arbeitskraft überflüssig?

Die KI wird einfache, monotone Aufgaben und einige traditionelle Berufe ersetzen oder zumindest ergänzen, aber sie wird auch Arbeitsprozesse effektiver gestalten und andere berufliche Möglichkeiten schaffen. Sicher ist:

Menschliche Expertise, Kreativität, Empathie und handwerkliches Geschick werden auch zukünftig in Bereichen wie Kunst, Erziehung und sozialer Beratung unersetzlich bleiben.

Im Fokus der nächsten Jahre wird lebenslanges Lernen und die Entwicklung neuer beruflicher Fähigkeiten stehen. Die Zukunft gehört jenen, die sich den Herausforderungen stellen und die neue Arbeitswelt mitgestalten. Unternehmen konzentrieren sich laut der Studie eher auf die Umschulung von Mitarbeitenden als auf den Abbau von Arbeitsplätzen. Fast 40 Prozent der Befragten erwarten, dass mehr als 20 Prozent ihrer Mitarbeitenden umgeschult werden müssen.

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Weiterbildung und Umschulungen in einer KI-dominierten Arbeitswelt – Schlüssel zur Zukunft?

Mit Upskilling sollen Arbeitskräfte zukünftig gezielt weitergebildet, qualifiziert oder umgeschult werden, um ihre Kompetenzen an die sich wandelnden technologischen Anforderungen des Arbeitsmarktes anzupassen. Der Aufschrei der Gewerkschaften ist bereits groß. Kann jeder dem digitalen Wandel folgen? Einfach haben es tech-affine IT-Profis, Kreative und analytische Problemlöser. Und auch die Generation 50+ kann vom Upskilling profitieren. Mit der richtigen Unterstützung und angepassten Weiterbildungsprogrammen können ältere Beschäftigte wertvolle Erfahrungen und Fähigkeiten in die digitale Welt einbringen.

Für Beschäftigte in weniger digitalisierten Branchen wie im verarbeitenden Gewerbe, Dienstleistung oder Handel ist die Anpassung ihrer Fähigkeiten allerdings herausfordernder. Begrenzter Zugang zu Weiterbildungsprogrammen durch finanzielle oder geografische Hindernisse sowie die Angst vor Technologie oder Verlust des Arbeitsplatzes stellen emotionale Hürden dar.

Erfolgreiches Upskilling braucht daher verschiedene Lösungsansätze:

  • Regierungen und Unternehmen sollten Anreize schaffen, um lebenslanges Lernen zu fördern, etwa durch finanzielle Unterstützung und flexible Arbeitszeiten.
  • Durch Partnerschaften zwischen Unternehmen und Bildungseinrichtungen können praxisorientierte Programme entwickelt werden.
  • Branchen, die von Automatisierung bedroht sind, sollten durch gezielte Umschulungsprogramme unterstützt werden.
  • Bewusstseinsbildung und psychologische Unterstützung können Ängste und Sorgen vor dem technologischen Wandel abbauen.

Mit gezielten Maßnahmen und einer breiten gesellschaftlichen Unterstützung kann Upskilling als Schlüssel zur Zukunft dienen, der den Übergang in eine KI-getriebene Arbeitswelt erfolgreich gestaltet und eine vielfältige, resiliente und innovative Arbeitskraft schafft.

Allerdings müssen wir uns klar sein, dass dies nicht für alle Arbeitnehmenden erfolgreich sein wird.

Bedingungsloses Grundeinkommen – Fluch oder Segen?

Ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE), das allen Bürgern eines Landes einen festen Geldbetrag unabhängig von Beschäftigung oder persönlichen Umständen garantiert, wäre eine mögliche Antwort auf wirtschaftliche Unsicherheiten, die durch Automatisierung und KI entstehen. Der Gedanke, dass die finanzielle Grundversorgung gesichert ist, eröffnet Mitarbeitenden die Freiheit, sich umzuorientieren und ihre Fähigkeiten und Talente auf ganz andere Weise auf dem Arbeitsmarkt einzusetzen – unabhängig vom Einkommen.

Menschen würden damit einen kreativen und innovativen Beitrag zur Gesellschaft leisten. Doch die Kosten könnten enorm sein und zulasten anderer, wichtiger Bereiche wie Bildung und Gesundheit gehen. Zudem fürchten Kritiker, dass Arbeitsanreize und Arbeitsmotivation schwinden könnten und eine Inflation die Folge sein könnte. Von den psychologischen Folgen für den Mensch, wenn Arbeit nicht mehr vorhanden ist, ganz zu schweigen.

Die Einführung eines BGE ist eine komplexe Frage mit weitreichenden Konsequenzen. Es bietet Potenzial, den Herausforderungen der Automatisierung zu begegnen, doch auch Bedenken sind berechtigt. Es ist aber eine unbedingt erforderliche Diskussion, die Politik, Wirtschaft und Gesellschaft jetzt anfangen zu führen muss.

KI-Steuer – notwendiges Instrument oder Innovationsbremse für die Digitalisierung?

Ein anderer Ansatz, der immer wieder vorgebracht wird, ist, die Verantwortung für die sozialen Auswirkungen der KI auf Unternehmen, die von KI profitieren, abzuwälzen. Befürworter argumentieren, dass die Steuer die soziale Ungleichheit reduziert und den Übergang in die automatisierte Zukunft fairer gestaltet.

Das Dilemma: Zusätzliche Kosten und bürokratische Hürden könnten Unternehmen hindern, neue KI-Technologien einzuführen.

Die KI-Steuer würde dann zur Innovationsbremse, was am Ende auch den Fortbestand von Unternehmen gefährden – und noch mehr Arbeitsplätze kosten könnte.

Fraglich ist zudem, wie die ohnehin schon mit der digitalen Transformation überforderte öffentliche Hand bemessen will, wer KI-Steuer zahlt und wie viel.

Nur mit einer ausgewogenen, kooperativen Herangehensweise, die sowohl die wirtschaftlichen als auch die sozialen Aspekte berücksichtigt, kann die neue KI-basierte Arbeitswelt auch ein Segen für alle werden.

Die Diskussion in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft muss jetzt geführt werden – das Aussitzen, wie es die letzten beiden Jahrzehnte schon in großen Teilen mit der Digitalisierung gemacht wurde, führt nur dazu, dass Deutschland und Europa in einer globalen Wirtschaft weiter an Relevanz verlieren.

 

Über die Person

Harald R. Fortmann ist Unternehmer, Autor und Experte für Digitalisierung und die Arbeitswelt der Zukunft. Als Executive Partner der Personalberatung five14 berät er Industrie und Mittelstand bei der Besetzung von Führungspositionen und der strategischen Planung und Umsetzung ihrer digitalen Transformation. Seit 2020 ist er im Vorstand des Fachverbandes Personalberatung im BDU e.V.

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